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Ehrenamtliche Arbeitsrichter: Sie bringen praktische Erfahrungen in die Rechtsprechung ein

Personalfachleute aus den Mitgliedsunternehmen der Chemie-Arbeitgeber engagieren sich an Baden-Württembergs Arbeitsgerichten

29.06.2023

Sie sind Richterin und Richter, aber meist ohne ein Jura-Studium: Die ehrenamtlichen Arbeitsrichter - Schöffen - an den Arbeitsgerichten des Landes bringen ihre Lebenserfahrung in Gerichtsverfahren ein. Insgesamt sind 3.350 Menschen ehrenamtlich - also neben ihrem eigentlichen Beruf - dort tätig. Wie kommen sie dorthin? Unter anderem schlägt der Arbeitgeberverband Chemie Personalfachleute aus den Mitgliedsunternehmen für diese Aufgabe vor. 

Arbeitsgerichte sind auf sie angewiesen

Das Landesarbeitsgericht in Stuttgart formuliert es so: Die ehrenamtlichen Arbeitsrichter “sollen ihre Sachkunde und praktische Erfahrung in die Rechtsfindung einbringen.” Damit können sie “zur Bürger- und Praxisnähe der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung” beitragen. Denn: Entscheidungen im Arbeitsrecht können meist nicht einfach „nach dem Gesetzbuch“ gefällt werden. Es kommt auf den Einzelfall an. Da ist neben der Gesetzeskenntnis vor allem Erfahrung nötig. Darum sind in den baden-württembergischen Arbeitsgerichten ehrenamtliche Arbeitsrichterinnen und -richter tätig, die vom agvChemie vorgeschlagen werden. Sie sind größtenteils Personalleiter oder Personalgeschäftsführer - und haben viel Erfahrung in der Personalarbeit. 

Einsatz ab dem Kammertermin

Zum Einsatz kommen die “Ehrenamtlichen” in der zweiten Stufe der ersten Instanz - den sogenannten “Kammer-Terminen”. Beim “Gütetermin”, der beispielsweise nach einer Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers als Erstes stattfindet, versuchen Berufsrichter zu vermitteln.

Wenn Kläger und Beklagte sich nicht einig werden, treffen sie sich vor der Kammer des Arbeitsgerichtes: Das sind zwei Schöffen, Beisitzer und ein hauptamtlicher Richter. Wichtig: Eine ehrenamtliche Arbeitsrichterin aus dem Chemie-Arbeitgeberlager muss nicht über Fälle aus ihrer Branche entscheiden. 

Auswahl der Richter

Der zweite ehrenamtliche Arbeitsrichter kann dann von der Liste einer Gewerkschaft kommen. Diese Besetzung wird auch in zweiter Instanz, beim Landesarbeitsgericht, beibehalten. Erst in dritter Instanz, dem Bundesarbeitsgericht, entscheiden drei Berufsrichter mit zwei Beisitzern. Diese Beisitzer sind meist erfahrene ehrenamtlichen Arbeitsrichter. Aber immer gilt: Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite sind beide vertreten.

Für diese Laien-Richter gibt es Vorschlagslisten. Sie werden von Gewerkschaften, Arbeitgebervereinigungen, sonstigen Verbänden von Arbeitnehmern und öffentlich-rechtlichen Körperschaften zusammengestellt. Für den agvChemie ist es besonders wichtig, dass sich genügend ehrenamtliche Richter für alle Instanzenebenen zur Verfügung stellen. Das Arbeits- und Betriebsverfassungsrecht wird oft erst durch Gerichtsentscheidungen weiterentwickelt: Die Sichtweise von Praktikern hilft dabei. 

Wie die Berufsrichter sind die ehrenamtlichen Richter nur Recht und Gesetz verpflichtet. Genauso wie die Berufsrichter stellen sie Fragen und haben gleiches Stimmrecht bei der Urteilsberatung.

Wie groß ist der Aufwand?

Die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter werden einer Kammer oder mehreren Kammern des jeweiligen Gerichts an ihrem Wohn- oder Arbeitsort zugewiesen. Im Schnitt hat ein ehrenamtlicher Arbeitsrichter zwei bis drei Sitzungstage pro Jahr, mit jeweils mehreren Prozessen an einem Tag. 

Wie unterstützt der agvChemie die ehrenamtlichen Richter?

Für den Chemie-Arbeitgeberverband ist das Engagement „seiner Ehrenamtlichen“ nicht selbstverständlich. Neben den speziellen Fortbildungen für Personalleiter bietet der Verband jährlich das “Seminar für ehrenamtliche Arbeitsrichter” an. Dabei werden aktuelle Entwicklungen des Arbeitsrechtes und neue Gerichtsentscheidungen diskutiert. Neben dem Erfahrungsaustausch der Richterinnen und Richter sind Fachvorträge von Mitgliedern des Bundesarbeitsgerichtes ein Höhepunkt der Veranstaltung.