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Rund um die Uhr im Einsatz - Zum Beispiel MiRO und INEOS Paraform: Wie Chemie-Mitarbeiter mit Schichtarbeit umgehen

28.02.2016

Karlsruhe. Arbeiten, auch nachts oder am Wochenende – das kennt Amir Ljatifi gut. Seit 20 Jahren geht der Chemikant (38) bei der Mineralölraffinerie MiRO in Karlsruhe „auf Schicht“. Als Meister führt er ein achtköpfiges Team: „Mit dem Wechselschichtrhythmus hab ich mich schnell angefreundet“, sagt er. „Ich mag die Abwechslung.“

Am Standort (1.000 Mitarbeiter) betreut er eine Benzinveredelungsanlage. Die läuft rund um die Uhr. Je nach Früh-, Spät- oder Nachtschicht beginnt Ljatifi um 6 Uhr, 14 Uhr oder 22 Uhr mit der Arbeit. Die Frühschicht liegt ihm besonders: „Da hab ich was vom Tag und kann Termine wahrnehmen.“ Seine Kollegin Lisa Humm (23) bevorzugt die Spätschicht: „Ich schlafe gerne aus, das kann ich am Folgetag tun.“

Anteil der Abend- und Nachtarbeiter steigt

Beide haben sich bewusst für die Schichtarbeit entschieden: „Mein Vater hat mir dazu geraten, die Schichtzulage macht das Ganze attraktiv“, so die junge Frau.

Diese Entscheidung treffen immer mehr Arbeitnehmer: Laut Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie leisten in Deutschland 19 Millionen Menschen Schichtarbeit – inklusive Saisonkräfte in Urlaubsregionen und in der Landwirtschaft. Seit den 90er-Jahren ist der Anteil derer, die ihr Geld abends oder nachts verdienen, deutlich gestiegen. 2014 arbeiteten 26 Prozent der Erwerbstätigen regelmäßig zwischen 18 Uhr und 23 Uhr – 15 Prozent mehr als 1992. Auch zwischen 23 Uhr und 6 Uhr haben immer mehr Erwerbstätige Dienst: Hier erhöhte sich der Anteil von 7 Prozent auf 9 Prozent, so das Statistische Bundesamt.

Stört die ungewöhnliche Arbeitszeit Kontakte mit Freunden und Familie? „Zu meinen Bekannten zählen Chemikanten, Krankenschwestern und Polizisten, denen geht es ebenso“, sagt Humm. Und Hobbys? „Der Gang ins Fitnessstudio ist flexibel planbar“, kontert sie.

Bei Amir Ljatifi ist das kniffliger: „Ich hab bis zum Sommer aktiv Fußball gespielt, das erfordert Absprachen mit dem Trainer.“ Stehen wichtige Spiele an, dann tauschen die Kollegen aber ihre Schicht oder lösen ihn früher ab.

Der feste Zusammenhalt der Schichtteams freut auch Francesco de Rosa. Der 36-Jährige arbeitet seit 15 Jahren beim Chemie-Unternehmen Ineos Paraform in Mainz (139 Mitarbeiter). „Ich habe hier gute Freunde gefunden“, sagt er. „Meinen Beruf würde ich niemals tauschen!“

Seine Kollegin, die Schichtführerin Jaqueline Baumgarten, lernte ihren Lebensgefährten bei der Arbeit kennen: „Wir haben zeitlich dieselbe Schicht, das ist ideal.“ Die atypische Arbeitszeit ist für sie Normalität: „Mein Vater ist hier seit 33 Jahren auf Schicht“, erzählt sie. „Kam er an Heiligabend erst später nach Hause, wurde eben auch erst später beschert.“

Manchmal kann der Dienst sogar hilfreich sein: „Mir ermöglicht unser neues Schichtsystem, meine Familie öfter zu sehen“, berichtet zum Beispiel Valentina Blüm, vierfache Mutter, siebenfache Oma und Schichtarbeiterin beim Medizintechnik-Unternehmen Baxter in Hechingen.

Sicher, Schichtdienst ist anstrengend und erfordert eine aktive Freizeit-Planung. „Aber arbeiten inzwischen nicht viele flexibel von der Feuerwehr bis zum Einzelhandel?“, fragt de Rosa. „Dann lieber Schicht, da verdient man ordentlich!“ Auch Freischichten oder Zusatzurlaub kommen gut an.

Amir Ljatifi findet noch etwas wichtig: „Viele arbeiten nachts, Bäcker, Krankenschwestern, Feuerwehr. Wir sollten dankbar sein, dass jeder seinen Beitrag zur Gesellschaft leistet, auch wir in der MiRO. Wir sorgen dafür, dass jederzeit Kraftstoffe an der Tankstelle zur Verfügung stehen.“