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Ernst-Reuter-Schule in Karlsruhe bereitet junge Menschen auf digitale Arbeitswelt vor

24.05.2019

Karlsruhe. Draußen ist es nass und grau, drinnen hüpfen Sechstklässler gerade über einen hellen Sandstrand vor einem blauen Meer. Diese Kulisse zaubert der Computer auf den grünen Hintergrund, den Greenscreen. Mit einer solchen Technik drehen sonst Profis ganze Science-Fiction-Serien. Für die elf- bis zwölfjährigen Schüler der Ernst-Reuter-Gemeinschaftsschule ist der Umgang mit Kamera, Licht, Ton und Tablet ganz selbstverständlich; sie nehmen gerade einen Rap auf.

Eigentlich ist jetzt Mittagspause an dieser Ganztagsschule. Doch die Kinder sind mit Eifer bei der Sache, auch ohne Lehrer! „Die Räume lassen wir bewusst offen“, sagt Schulleiter Micha Pallesche. Dass die Schüler verantwortungsvoll mit den Hightech-Geräten umgehen, sei eine Folge dieser Offenheit und des Lernkonzepts.

Schüler arbeiten selbstständig mit digitaler Technik

Die Schule im Karlsruher Stadtteil Waldstadt hat als erste in Baden-Württemberg schon 2017 das Siegel „Smart School“ erhalten. Der Digitalverband Bitkom vergibt es an Schulen, die digitale Konzepte im Unterricht besonders gut umsetzen. Außerdem wurde die Schule 2018 mit dem Prädikat „Digitale Schule“ der Arbeitgeber-Initiative MINT ausgezeichnet.

Das Schulgebäude selbst wirkt zwar nicht überall modern – doch was drinsteckt, ist wegweisend. Nicht etwa nur in den Werkstätten, den „Makerspaces“, zu denen das Filmstudio gehört und wo Schüler mit digitaler Technik selbstständig kreativ sein können. Es gibt schnelles WLAN, genügend Tablets und interaktive Tafeln, an denen Lehrer und Schüler gemeinsam arbeiten. Beim ersten „Hacker Tag“ programmierten kürzlich rund 300 Schüler mit 70 Profis um die Wette.

Mit Technik allein kann man keinen Wandel herbeiführen

„Manche meinen, an einer digitalen Schule laufen alle wie die Roboter rum“, sagt Pallesche und lacht. „Doch bei uns spielen auch analoge Erlebnisse eine wichtige Rolle.“ Mit Technik allein könne man ja keinen Wandel herbeiführen, betont der Rektor: Digitale Transformation, das bedeute auch: ganz neue Unterrichtsformen – Lerngruppen statt Frontalunterricht – Kollaboration statt Vereinzelung – und Lernbegleiter statt Lehrer.

„Wir haben verstanden, was junge Menschen erwartet, wenn sie später die Schule verlassen“, betont Pallesche. Mitarbeiter in Industriebetrieben zum Beispiel brauchen heute nicht nur mehr IT-Wissen: Sie leiten oft selbstständig Projekte, sie arbeiten in „agilen“, also sehr beweglichen Teams, sie tauschen Wissen freimütig untereinander aus. „Das alles macht digitale Technik erst möglich“, erklärt der Schulleiter.

Handys auf dem Pausenhof? Die sind auch hier tabu!

An dieser Gemeinschaftsschule hilft die Technik auch, Schüler auf unterschiedlichen Niveaus zu unterrichten. Gute Schüler bekommen zusätzliche Aufgaben. Oder drehen selbst einen Erklärfilm, den sie Mitschülern aufs Smartphone schicken.

All das ist hier ganz selbstverständlich – während die meisten Unterrichtsstätten hierzulande schon froh wären, im digitalen Zeitalter erst mal irgendwie anzukommen …

Leuchttürme wie die Ernst-Reuter-Schule in Karlsruhe zeigen, was alles schon gehen kann. Tablets und interaktive Tafeln finanziert der Schulträger. Und es gibt Sponsoren: Unternehmen sind schließlich interessiert an einer besseren digitalen Bildung ihrer künftigen Mitarbeiter.

Das eigene Smartphone dürfen die Schüler selbstverständlich mitbringen. Aber nur für den Unterricht! „Auf dem Pausenhof bleibt das Handy verboten“ – das ist für Smart-School-Rektor Pallesche ganz selbstverständlich.

Autor: Sigrid Stoss