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Baustein für schnelle Wirkstoffe - Mit einer Fluorverbindung aus Flussspat optimiert Solvay Arznei- und Pflanzenschutzmittel

24.06.2015
Bad Wimpfen. Wer Medikamente einnimmt, erwartet vor allem eins: dass sie schnell Beschwerden lindern. Der neue chemische Baustein ETFBO vom Chemie-Unternehmen Solvay in Bad Wimpfen erreicht genau das. Er erhöht die Wirkung von Arzneimitteln. Auch in Pflanzenschutzmitteln kommt die spezielle Fluorverbindung zum Einsatz. „Sie ist quasi ein Türöffner“, erklärt Werkleiter Hans-Peter Wickel. „Der Baustein ermöglicht dem Wirkstoff, in Arznei- und Pflanzenschutzmitteln menschliche und pflanzliche Zellmembranen schneller zu passieren.“ Weiterer Vorteil: „Man benötigt weniger Wirkstoff“, so der Experte.

Nach Gebrauch zerfällt das Mittel, ohne die Umwelt zu belasten

Der Ausgangsstoff ist Flussspat. Das glitzernde Mineral, das an Sand erinnert, kommt per Schiff aus Minen in Bulgarien und China. Daraus entsteht im Werk ETFBO. Die Nachfrage ist riesig: Schon heute enthalten etwa 30 Prozent aller neu entwickelten Medikamente und rund 50 Prozent der Pflanzenschutzmittel Fluorverbindungen. Allerdings kann der in Bad Wimpfen entwickelte Baustein noch mehr als andere: In Pflanzenschutzmitteln sorgt er dafür, dass Bodenorganismen angreifen können. Nach Gebrauch zerfällt das Mittel, ohne die Umwelt zu belasten. Das Know-how, den raffinierten Beschleuniger herzustellen, beruht auf jahrelanger Erfahrung in Fluorchemie. Und hat den Standort zum Weltmarktführer gemacht. „Fluor ist das reaktionsfreudigste aller Elemente“, erklärt Wickel, „das macht den Umgang mit diesem Stoff sehr anspruchsvoll.“ Entwickler arbeiten bereits seit 2006 mit ETFBO im Labor. Jetzt lässt es sich in großem Stil produzieren: Rund 5 Millionen Euro investierte Solvay in neue Anlagen, die seit Herbst 2014 laufen. „Unsere langjährige Erfahrung mit Fluorverbindungen kam uns dabei sehr zugute“, sagt Wickel. In der Natur kommt Fluor nur in Verbindungen wie Flussspat (Calciumfluorit) vor. Das Mineral wird gemahlen und in Drehöfen zusammen mit konzentrierter Schwefelsäure erhitzt. Wickel: „So gewinnen wir Fluorwasserstoff.“ Aus dem Gas entsteht mittels Elektrolyse Fluor und am Ende des Prozesses eine gelbe Flüssigkeit, das ETFBO. Pro Jahr kann das Werk 1.000 Tonnen des chemischen Bausteins produzieren. Die empfindliche Substanz wird gekühlt ausgeliefert, damit sie den Transport gut übersteht. Wer den Prozess ansehen möchte: Das Video gibt’s unter solvay.de