Wirtschaftsdaten | Tarifpolitik
Chemie-Arbeitskosten international: Nur Belgien teurer als Deutschland
Die Arbeitskosten der deutschen chemischen Industrie beliefen sich im Jahr 2016 auf 53,96 Euro je Arbeitnehmerstunde. Nur der Konkurrent Belgien ist noch teurer. Die übrigen EU-Nachbarländer können hingegen mit zum Teil deutlich niedrigeren Arbeitskosten kalkulieren – ebenso wie die USA und Japan. Dies zeigen die Ergebnisse der jüngsten Auswertung des Bundesarbeitgeberverbandes Chemie (BAVC) zur internationalen Arbeitskosten-Rangliste der Chemie-Branche für das Jahr 2016. Grundlage der Berechnungen ist die fortgeschriebene Arbeitskostenerhebung der Europäischen Union. Daneben wurden auch Daten aus Japan und den USA einbezogen. Zu den Arbeitskosten zählen neben den gezahlten Löhnen auch die vom Arbeitgeber getragenen Sozialversicherungsbeiträge, der bezahlte Urlaub, Sonderzahlungen und betriebliche Leistungen für die Altersvorsorge.
Wettbewerber schneiden besser ab
Setzt man die deutschen Chemie-Arbeitskosten des Jahres 2016 in Höhe von 53,96 Euro je Stunde gleich 100, so verdeutlicht diese Indexbetrachtung den Kostenabstand im Ländervergleich. Beim Spitzenreiter Belgien (57,62 Euro) schlagen insbesondere die hohen Personalzusatzkosten zu Buche. Ein ähnliches Kostenniveau findet sich allein noch in den Niederlanden (50,75 Euro). Frankreich (48,28 Euro), Schweden (46,69 Euro) oder Österreich (46,63 Euro) können bereits mit 12 bis 15 Prozent niedrigeren Kosten für die Arbeitsstunde kalkulieren. Der Abstand der deutschen Chemie-Arbeitskosten zu den angelsächsischen Ländern ist weiterhin beträchtlich. In den USA kostete die Arbeitsstunde umgerechnet 41,25 Euro, in Großbritannien 29,62 Euro und damit 24 bzw. 45 Prozent weniger. Auch Japan und Spanien agieren auf einem vergleichbar niedrigen Kostenniveau. Sie können damit beim Faktor Arbeit günstiger produzieren als die Unternehmen in der deutschen Chemie. In Japan mussten zuletzt 36,73 Euro je Beschäftigtenstunde aufgewendet werden, vergleichbar viel wie in Italien (34,36 Euro). Das Kostenniveau der benachbarten osteuropäischen Konkurrenz in Ungarn, Tschechien oder Polen liegt mit 7 bis 12 Euro je Stunde bei weniger als einem Drittel der deutschen Arbeitskosten.
Differenzierte Kostenentwicklung
Im Zeitraum von 2014 bis 2016 hat sich die Beschäftigtenstunde in der deutschen Chemie um 5,7 Prozent verteuert. Das ist der deutlichste Anstieg in Westeuropa. Eine größere Kostendynamik mit zum Teil zweistelligen Zuwächsen weisen die osteuropäischen Länder auf. Während Dänemark und Österreich ebenfalls einen schnelleren Kostenanstieg verkraften müssen, konnten mit Italien und Spanien bedeutsame Chemie-Standorte durch verstärkte Kostendisziplin ihre Position verbessern.
Anhaltender Kostendruck auf die deutsche Chemie
Die Abschwächung des Euro hilft den deutschen Unternehmen, die internationalen Kostennachteile abzumildern. Im Wettbewerb mit wichtigen Konkurrenten aus der Eurozone spielt der Wechselkurs jedoch keine Rolle. Für die exportorientierte Chemie-Industrie in Deutschland ist die Höhe der Arbeitskosten ein wesentlicher Standortfaktor. Auch bei Standortentscheidungen spielt dieser Kostenblock als Teil der Lohnstückkosten weiterhin eine maßgebliche Rolle. Standorte treten immer dann in unmittelbare Konkurrenz zueinander, wenn Güter überregional handelbar sind. Im Zuge der Globalisierung und Digitalisierung haben die Arbeitskosten als Faktor der Wettbewerbsfähigkeit an Aussagekraft gewonnen, da Unternehmen hohen Personalkosten ausweichen können, indem sie im Ausland produzieren. Haupttreiber der Arbeitskosten sind die Löhne. Die Lohnstückkosten in der deutschen Chemie-Branche sind in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen – in einem Ausmaß, das über die Steigerung der Produktivität hinausgeht. Dies schwächt auf Dauer die internationale Wettbewerbsfähigkeit.
Weiterführende Informationen unter www.bavc.de