VCI | Energie und Klima

Fünf Fragen an … Dr. Christian Kühne über industrielle Ressourcenstrategien

Ein Beitrag aus dem Mitgliedermagazin der Verbände Chemie.BW

02.04.2024

Dr. Christian Kühne war Referent und stv. Referatsleiter im Umweltministerium Baden-Württemberg und 2018 einer der Ideengeber des neuen „THINKTANK Industrielle Ressourcenstrategien“: In dieser am Karlsruher KIT angesiedelten Denkfabrik arbeiten Industrie und Politik mit Unterstützung der Wissenschaft in einzigartiger Weise zusammen. Kühne ist seit der Gründung Geschäftsführer dieses Think Tanks.

Wie sieht es mit Rohstoffen in Baden-Württemberg aus – wie stehen wir im Land da?

Entgegen landläufiger Meinung ist Baden-Württemberg nicht arm an Rohstoffen. Früher gab es sogar intensiven Bergbau. Heute wird fast nichts mehr gefördert – die neuen Ansätze von Lithium im Oberrheingraben sind ein Gegenbeispiel. Wenn der Welthandel funktioniert, ist die steigende Rohstoffabhängigkeit an sich kein Problem. Aber die geopolitische Situation kann sich schnell ändern. Deshalb haben wir im Think Tank bereits vor einigen Jahren Handlungsoptionen für eine resiliente Rohstoffversorgung und Ressourcensicherung vorgeschlagen.

Wenn das alles kein Problem ist – warum wurde dann der Think Tank gegründet?

Die Industrie und die Politik in Baden-Württemberg haben schon vor Jahren gefragt: Welche Rohstoffe brauchen wir zukünftig? Wo bekommen wir sie in ausreichenden Mengen her? Wie können wir sie im Kreislauf führen? Das waren Ausgangspunkte, den Think Tank 2018 zu gründen. In den Schwerpunkten Ressourcensicherung, Lieferketten, Kreislaufwirtschaft, Produktion und Digitalisierung haben wir seither mehr als 20 Projekte umgesetzt.

Welche Vorteile haben Unternehmen, wenn sie sich am Think Tank beteiligen?

Durch den branchen- und sektorübergreifenden Ansatz und seine neutrale Position stoßen die Informationen des Think Tanks bei Entscheidungsträgern auf hohe Akzeptanz. Ein gutes Beispiel ist das Thema chemisches Recycling. Das von uns betreute „Unternehmerforum Chemisches Recycling (UFCR)“ trägt Fakten und Hintergrundinformationen zusammen, die mit den Entscheidungsträgern der Politik und Verwaltung diskutiert werden.

Was läuft denn aktuell im Think Tank, gibt es besondere Ergebnisse oder Projekte?

Mit Blick auf Ressourcenversorgung und resiliente Lieferketten haben wir beispielsweise den EU-Green Deal analysiert und den sogenannten Critical Raw Material Act unter die Lupe genommen. Außerdem bauen wir derzeit einen „Rohstoffkreis Deutschland (RSKD)“ auf. Themenschwerpunkte sind die Nutzung heimischer Rohstoffe, die strategische Stärkung der Kreislaufwirtschaft, die Substitution von kritischen und strategischen Rohstoffen oder auch der Aufbau von strategischen Reserven für kritische und strategische Rohstoffe.

Sichert der Think Tank auch den Industriestandort Baden-Württemberg?

Das zeigen die genannten Beispiele gut. Die Industrie muss die Transformation hin zu einer ressourcenarmen und klimaneutralen Wirtschaft in sehr kurzer Zeit bewältigen und gleichzeitig wettbewerbsfähig bleiben. Das birgt Chancen, aber auch Risiken: Gerade für Zukunftstechnologien sind umfangreiche Ressourcen und stabile Lieferketten notwendig.