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Chemie-Arbeitgeber hoffen auf Einsicht der Gewerkschaft

14.11.2019

Baden-Baden. Die Chemie- und Pharmaunternehmen in Baden-Württemberg spüren Verunsicherung: Das Konjunktur-Barometer der Branche zeigt deutlich nach unten. Trotzdem will die Gewerkschaft in der aktuellen Tarifrunde hohe Forderungen mit einem Gesamtvolumen von mehr als 4 Prozent durchsetzen. Patrick Krauth, Verhandlungsführer der Chemie-Arbeitgeber Baden-Württemberg, erklärt, wo die Probleme liegen.

Alle reden von Rezession. Ist es wirklich so schlimm?

Wir haben seit drei Quartalen in der Chemie in Deutschland Produktions- und Umsatzrückgänge. Da gibt’s an dem Begriff „Rezession“ nichts zu diskutieren! Wir müssen vorsorgen – das gilt besonders für die beeinflussbaren Kosten.

Meinen Sie damit die Personalkosten? Durch Tarifabschlüsse ist noch keine Firma pleitegegangen …

Tariferhöhungen sind immer ein Kostenfaktor, Entgelterhöhungen sind zusätzliche Personalkosten. Wenn diese nicht vernünftig und der Situation angemessen sind, können Unternehmen oft nur mit Arbeitsplatzabbau reagieren.

Was wäre denn ein vernünftiges Maß für eine Tariferhöhung?

Es ist doch so: Die Umsätze gehen zurück. Die Produktion sinkt. Die Aussichten für das letzte Quartal 2019 sind düster. Also: Was ist vernünftig? Wenn die Wirtschaft schrumpft – woher soll ein Wachstum bei den Löhnen kommen?

Bisher hat die Branche doch bei den Investitionen und der Mitarbeiterzahl zugelegt.

Im vergangenen Jahr hat die deutsche Chemie noch gut investiert – trotz einbrechender Umsätze. Auch die Zahl der Mitarbeiter ist gestiegen. Aber jetzt rechnen wir, Mittelständler wie große Unternehmen, mit Rückgängen. Das heißt, wir müssen sparen. Bei den hohen Personalkosten gerade im Mittelstand kann das Personalabbau bedeuten.

Könnte man nicht zum Beispiel beim Einkauf sparen?

Die Mittelständler sind in der Zwickmühle: Sie müssen die Weltmarktpreise für Rohstoffe zahlen, die meist von großen Herstellern diktiert werden. Aber sie stehen auch unter dem Druck mächtiger Kunden bei den Maschinen- und Anlagenbauern oder den Autoherstellern. An diese können sie die hohen Kosten nicht weitergeben.

Wie wird die Tarifrunde laufen?

Machen wir uns nichts vor: Es gibt in einer Rezession nichts zu verteilen! Das haben wir in den bisherigen Verhandlungen gesagt und hoffen dabei auf Einsicht bei der Gewerkschaft. Es ist ja nicht so, dass wir seit Jahren Nullrunden fahren würden: In guten Zeiten hat die Chemie die Löhne kräftig erhöht. Jetzt erwarten wir Verständnis und Entgegenkommen. Das liegt im eigenen Arbeitsplatzinteresse der Mitarbeiter.