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agvChemie Standpunkt: Nein zu einem möglichen DQR-Gesetz
Der Deutsche Qualifizierungsrahmen (DQR) stellt einen wichtigen Schritt in der Harmonisierung und Transparenz von Bildungsabschlüssen in Deutschland dar. In seiner Funktion als Orientierungsrahmen soll er die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung fördern. Eine mögliche Verrechtlichung des DQR (DQR-Gesetz) sieht der Arbeitgeberverband Chemie Baden-Württemberg e.V. (agvChemie) kritisch, insbesondere hinsichtlich der Auswirkungen auf die Einschränkung der Tarifautonomie sowie zusätzlicher bürokratischer Hürden.
Gefährdung der Tarifautonomie: Ein DQR-Gesetz würde den Gestaltungsspielraum der Sozialpartner einschränken und einen Paradigmenwechsel darstellen – weg von der bisherigen Orientierung an Tätigkeitsprofilen hin zu formellen Qualifikationsleveln. Dies könnte zur Folge haben, dass beispielsweise Personen mit einem Meister-Abschluss und Hochschulabsolventinnen und -absolventen mit einem Bachelor-Abschluss unabhängig von ihrer Erfahrung und tatsächlichen Tätigkeiten gleich vergütet werden müssen. So sind beispielsweise die Qualifikationen Meister, Fachwirt und Bachelor zwar auf einem Niveau des DQR, sie werden aber in der Chemie nicht zwangsläufig in dieselbe Entgeltgruppe eingruppiert. Bei einem ausbildungsspezifischen Einsatz ist ein Fachwirt in der Regel in der EG 9, ein berufsunerfahrener Bachelor für gewöhnlich in der EG 10 und ein Meister je nach konkreter Tätigkeit und Verantwortung im Aufsichtsbereich in den EG 10, EG 11, ggf. bis hin zur EG 13
Rechtlich unnötig: Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Jahr 2021 vorgelegte "Rechtsgutachten zur Klärung juristischer Fragen im Kontext der weiteren Umsetzung des Deutschen Qualifizierungsrahmens für lebenslanges Lernen (DQR)" zeigt auf, dass ein DQR-Gesetz weder nach EU-Recht noch nach deutschem Recht erforderlich ist. Dies wirft die Frage auf, warum zusätzliche gesetzliche Regelungen und damit verbundene bürokratische Hürden geschaffen werden sollten.
Gleichwertigkeit über Praxiserfahrungen stärken: Anstatt ein DQR-Gesetz einzuführen, sollte der Fokus darauf liegen, die berufliche Orientierung und die Wertschätzung beruflicher Ausbildungswege zu stärken. Es ist entscheidend, dass Schüler und Studierende umfassende Informationen über die verschiedenen Bildungswege erhalten und die Möglichkeit haben, ihre beruflichen Interessen und Fähigkeiten zu erkunden. Dies kann durch gezielte Programme, Praktika und Kooperationen zwischen Schulen, Unternehmen und Hochschulen erreicht werden.
Hintergrund
Der DQR ist ein wichtiges Werkzeug zur Stärkung der beruflichen und akademischen Bildung sowie der Anerkennung der verschiedenen Bildungswege. Um dies zu erreichen, werden klare Rahmenbedingungen benötigt, welche die Tarifautonomie respektieren, die Vielfalt der Bildungsangebote in Deutschland bewahren und gleichzeitig die notwendige Flexibilität gewährleisten. Nur so kann sichergestellt werden, dass der DQR nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch einen positiven Beitrag zur Stärkung der beruflichen und akademischen Bildung leistet.