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agvChemie Standpunkt: Beschäftigung im Rentenalter - Praxisgerechte Befristung

25.09.2024

Die Arbeitgeber brauchen einen praxisgerechten gesetzlichen Rahmen, um Arbeitsverhältnisse auch über den Renteneintritt hinaus rechtssicher und flexibel zu ermöglichen. Dazu müssen Beschäftigungshemmnisse im Recht der befristeten Arbeitsverträge für diese Gruppe von Beschäftigten beseitigt werden.  
Der Wille des Arbeitnehmers, für einen befristeten Zeitraum beschäftigt zu sein, reicht als sachlicher Grund für eine Befristungsabrede bislang meist nicht aus.  
Die derzeit nach § 41 S. 3 SGB VI vorhandene Möglichkeit, im bestehenden Arbeitsverhältnis ein Hinausschieben des Beendigungszeitpunkts zu vereinbaren, ist unzureichend. Es bedarf der Ergänzung, dass ab Erreichen der Regelaltersgrenze auch mit Beschäftigten, die bereits ausgeschieden sind, ein Beendigungszeitpunkt bzw. eine Befristung wirksam vereinbart werden kann.  Die mit der Wachstumsinitiative der Bundesregierung für diese Beschäftigtengruppe angekündigte Ausnahme vom Vorbeschäftigungsverbot im SGB VI wäre zu begrüßen, soweit damit die Möglichkeit der Befristung auf die Regelaltersgrenze erhalten bliebe. Ob und wie die Umsetzung des Vorhabens erfolgt, ist derzeit nicht absehbar. 
Die Befristung der Arbeitsverhältnisse mit Arbeitnehmern ab dem 52. Lebensjahr sollte nicht nur nach mindestens viermonatiger Beschäftigungslosigkeit gem. § 14 Abs. 3 TzBfG, sondern auch bereits bei drohender Arbeitslosigkeit i. S. v. § 17 Nr. 1 und 2 SGB III möglich sein. Zudem fordern wir eine gesetzliche Öffnungsklausel in § 14 Abs. 3 TzBfG, die es den Tarifvertragsparteien ermöglicht, Befristungsgründe für die Beschäftigung von älteren Arbeitnehmern ab Erreichen des 52. Lebensjahres zu vereinbaren.
Um eine praxisgerechte Handhabung zu ermöglichen, sollte für eine befristete Wieder- oder Weiterbeschäftigung sowohl nach § 14 Abs. 2, 2a und 3 TzBfG als auch nach § 41 S. 3 SGB VI klargestellt werden, dass Arbeitsbedingungen entsprechend den Wünschen der Arbeitsvertragsparteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses geändert werden können. Nach der Rechtsprechung des BAG führen inhaltliche Veränderungen des Vertragsinhalts, die zeitgleich mit der Verlängerungsabrede vereinbart werden, zu einem Neuabschluss eines Zeitvertrags, der nach § 14 II 2 TzBfG und im Ergebnis nach § 41 S. 3 SGB VI nicht zulässig ist (Veränderungssperre). Das ist weder praxisgerecht noch erforderlich.
Um eine wünschenswerte und effektive Nutzung des Arbeitskräftepotentials von Beschäftigten im Alter von 63, 65 oder älter zu ermöglichen, ist es notwendig, diese Regelungen - im Interesse der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer - ohne größere bürokratische Hürden abzuschaffen.

Hintergrund

Rechtsunsicherheit beseitigen 
Mit Blick auf die demografische Entwicklung ist seit Jahren bekannt, dass die Beschäftigung von Personen im Rentenalter zur Stabilisierung der sozialen Sicherungssysteme und in Anbetracht des Arbeits- und Fachkräftemangels unerlässlich ist. Viele möchten nach dem Eintritt in die Rente beim selben oder einem anderen Arbeitgeber weiter- oder wieder arbeiten. Das ist jedoch nach geltendem Recht nur eingeschränkt möglich. Gerade im Zusammenhang mit der befristeten Fortführung des Arbeitsverhältnisses wünschen sich die Beschäftigten Anpassungen der Arbeitsbedingungen. In der Praxis führt die Veränderungssperre im Ergebnis zu zeitversetzten Anpassungsvereinbarungen, die in der Praxis zu zusätzlichem Administrationsaufwand, Rechtsunsicherheit bei den Beteiligten und schlimmstenfalls zu ungewollten Kosten führen.