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Interview: Chemie-Branche fürchtet im Tarifkampf um den Mittelstand

15.01.2014
Baden-Baden. 5,5 Prozent mehr Gehalt und eine Verbesserung der Übernahmesituation aller Azubis fordert die Chemie-Gewerkschaft in der anstehenden Tarifverhandlung. Wie die Branche im Land dazu steht, weiß Thomas Mayer, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands Chemie in Baden-Württemberg. Die Verhandlungen haben begonnen. Wie ist die Stimmung?
Bei uns sind mehr als 230 Unternehmen mit etwa 72.000 Beschäftigten organisiert. Wir sind uns einig mit der Gewerkschaft, dass wir gute und engagierte Auszubildende brauchen. Aber eine verpflichtende Übernahme können wir unseren Unternehmen – besonders den Mittelständlern – nicht zumuten. Wie sieht es denn beim Geld aus?
Das gilt auch für die geforderte Entgelterhöhung. Wir müssen hier auf alle Unternehmen schauen und können nicht einzelne gut verdienende Leuchttürme herausgreifen. Im Übrigen: Wer gut verdient, beteiligt in der Regel seine Mitarbeiter mit Sonderzahlungen am Erfolg. Das sollte nicht vergessen werden. Also, wir treten für einen an der Produktivität orientierten Abschluss ein, das ist der wirtschaftswissenschaftlich anerkannte Maßstab für Tariferhöhungen. Was wollen die Arbeitgeber zahlen?
Über Zahlen sprechen wir in den Verhandlungen. Was wir Anfang Dezember in Karlsruhe deutlich gemacht haben, gilt weiterhin: Wir verhandeln über eine Erhöhung der Entgelte. Aber sie muss maßvoll sein und den Unternehmen die Wettbewerbsfähigkeit sichern. Wir haben drei große Kostenblöcke. Die Energie und die Rohstoffe sind zwei, die unsere Mittelständler nicht selbst beeinflussen können. Und dann die Arbeitskosten, die beim Mittelstand größtenteils mehr als ein Drittel der Gesamtkosten betragen. Hier müssen wir Maß halten. Noch mal zu den Azubis. Die Forderung der Gewerkschaft klingt doch recht gut …
Nein. Wir stehen nach wie vor zu dem erfolgreichen Grundsatz: Ausbildung geht vor Übernahme. Die Chemie hat immer so vielen Jugendlichen wie möglich einen Ausbildungsplatz geboten. Das gefährden wir, wenn die Unternehmen schon mehr als vier Jahre vorher festlegen müssten, wie viele Mitarbeiter sie brauchen. Dann wird weniger ausgebildet. Und das wollen wir nicht.