Lehrerkongress | Schule

Lehrerkongress 2019: Von anhänglichen Muscheln und nachhaltiger Chemie

06.08.2019

Von der Natur in die Wissenschaft, über die aktuelle chemische Forschung und Entwicklung direkt in die Schule: Dr. Wolfgang Schmitz von der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe stellt anschauliche und einfache Modellexperimente vor. Aktuelle Entwicklungen und Ergebnisse der Umweltforschung werden didaktisch aufbereitet und somit der Schule für einen modernen, aktuellen und interdisziplinären Chemieunterricht zur Verfügung gestellt. Der Zusammenhang Chemie – Technik – Lebenswelt - Umwelt im interdisziplinären Unterricht der MINT-Fächer lässt sich anhand der Antifouling-Thematik ideal aufzeigen.

Als Muschelseide oder Byssus werden die von Muscheln produzierten stabilen und dehnbaren Fasern bezeichnet. Mit diesen dehnbaren Fasern können sich die Muscheln gegenüber den immensen Kräften, die von starken Strömungen oder der Brandung ausgelöst werden, widersetzen und standhalten. Die Byssusfäden sind durch eine harte, aus einem Biopolymer gebildete Oberhaut extrem strapazierbar, so dass sie auch bei großer Dehnung nicht reißt. Für die Stabilität der Byssusfäden sind die aus der Aminosäure L-Dihydroxyphenyl-alanin (L-DOPA) und aus Eisen(III)-Ionen gebildeten Eisen(III)-L-DOPA-Komplexe verantwortlich.

Daher werden Schiffsrümpfe in Gewässern schon in kurzer Zeit von Muscheln überwuchert. Dabei bilden sich zentimeterdicke Schichten. Diese bremsen die Schiffe bei ihrer Fahrt, was zu wesentlich höheren Treibstoffkosten in Millionenhöhe führt. Daher verwenden Reedereien und Bootseigner Schiffslacke, die so genannte Antifoulings – also Biozide - enthalten, welche Wasserorganismen in unmittelbarer Nähe des Schiffsrumpfes töten. Diese Antifouling-Anstriche müssen zudem regelmäßig erneuert werden. Das bekannteste Biozid in diesem Zusammenhang ist das giftige TBT (Tributylzinnhydrid). Seine Verwendung in Schiffslacken ist aufgrund seiner Toxizität seit 2008 weltweit verboten worden. TBT greift in den Hormonhaushalt beispielsweise von Schnecken und Muscheln ein. Heutzutage werden daher Antifouling-Anstriche verwendet, die elementares Kupfer und Kupferverbindungen enthalten, welche im Vergleich zu TBT eine geringere Umweltgefährlichkeit haben. Dennoch sind auch die Kupfer-haltigen Anstriche giftig und Kupfer-Ionen reichern sich in der Umwelt an. Auch bei diesen Kupfer-haltigen Antifouling-Farben wird ein Verbot diskutiert, aber solange es keine brauchbaren Alternativen gibt, werden Antifoulings auf Kupferbasis nicht verboten. Als Nachfolger für Kupferverbindungen bzw. Kupfer in Bootslacken wurden inzwischen der Einsatz der folgenden alternativen Möglichkeiten untersucht.