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Wirtschaftspressekonferenz 2008:Stimmung in der Chemie abgeschwächt

04.04.2008

Stuttgart, 4. April 2008. Die chemische Industrie in Baden-Württemberg konnte 2007 ihre Umsätze deutlich steigern. Für 2008 erwartet die Branche eine Eintrübung der Konjunktur. Die Unternehmen schauen gedämpft optimistisch in die Zukunft und erwarten Zuwächse hauptsächlich aus dem Exportgeschäft.

 

Konjunkturprognose 2008

 

Die Stimmung in der chemischen Industrie ist gedämpft optimistisch. Nach drei erfolgreichen Jahren erwartet die Branche auch 2008 eine positive Entwicklung. Die Steigerungsraten der Vorjahre werden allerdings nicht mehr erreicht.

 

Die Hälfte der baden-württembergischen Chemie-Unternehmen rechnen 2008 mit höheren Umsätzen. 40 Prozent gehen im Vergleich zum Vorjahr von konstanten und 10 Prozent der befragten Firmen von geringeren Umsätzen aus. Die Umsatzerwartungen beziehen sich hauptsächlich auf das Auslandsgeschäft. Die Situation auf dem Binnenmarkt wird deutlich schwächer beurteilt. Auch bei der Prognose zur Ertragslage für das laufende Jahr sind die Unternehmen wesentlich skeptischer als dies noch 2007 der Fall war. Der Personalstand soll insgesamt stabil bleiben.

 

Den größten Risikofaktor für die wirtschaftliche Entwicklung sieht die chemische Industrie in den hohen Rohstoff- und Energiekosten. Dies gilt insbesondere für die kleineren Unternehmen sowie für die Unternehmen aus den Bereichen Lacke und Kunststoffe. Besondere wirtschaftliche Risiken sehen die Pharma-Unternehmen im Bereich der Gesundheitspolitik.

 

Wirtschaftliche Entwicklung 2007

 

Der Umsatz der chemischen Industrie Baden-Württembergs ist 2007 um

9,1 Prozent auf 17,5 Mrd. Euro gestiegen. Damit konnten im dritten Jahr nacheinander die Umsätze gesteigert werden. Der Auslandsumsatz stieg 2007 besonders stark um 14,2 Prozent auf 10,0 Mrd. Euro. Die Binnenumsätze sind um 3,2 Prozent auf 7,5 Mrd. Euro angestiegen. Der Anteil des Auslandsumsatzes ist mit 57,1 Prozent seit 2007 erstmals höher als die Exportquote der Branche bundesweit (55,4 Prozent).

 

Situation in den Teilbranchen Pharma und Lack

 

Die Gesamtumsätze der pharmazeutischen Industrie haben sich 2007 gegenüber dem Vorjahr um 12,2 Prozent auf 7,8 Mrd. Euro erhöht. Dabei stieg der Export um 23,4 Prozent während sich der Inlandsumsatz um 4 Prozent verringerte. Entgegen dem Trend der Gesamtbranche ging die Beschäftigung in der Pharmaindustrie um 1,5 Prozent zurück.

 

Für den weiteren Verlauf des Jahres 2008 sind die Arzneimittelhersteller nur gedämpft optimistisch. Sie befürchten vor allen Dingen weitere Einschränkungen durch gesundheitspolitische Maßnahmen. Diese werden von einem Viertel der Unternehmen als der größte Risikofaktor für die wirtschaftliche Entwicklung angesehen.

 

 

In der Farben- und Lackindustrie haben sich die Umsätze um

4,4 Prozent auf 2,4 Mrd. Euro erhöht. Dabei hat zum Zuwachs ausschließlich der Inlandsumsatz - plus 6,9 Prozent auf 1,6 Mrd. Euro - beigetragen. Der Auslandsumsatz ging um 0,3 Prozent zurück.

 

Gegenüber der Gesamtchemie sehen die Farben- und Lackhersteller etwas optimistischer in die Zukunft. Dies gilt für die Entwicklungen bei Umsätzen, Investitionen und Beschäftigung. Problematisch beurteilt die Lackbranche allerdings ihre Ertragslage. Dies hängt vor allen Dingen mit den stark gestiegenen und weiter volatilen Rohstoff- und Energiekosten zusammen.

 

Wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen

 

Kritisch äußerte sich der Landesvorsitzende des Verbandes der chemischen Industrie (VCI), Dr. Gerd Backes, zu dem Vorhaben der Bundesregierung, alle umweltrelevanten Gesetzgebungen in ein "Umweltgesetzbuch (UGB)" zusammenzufassen.

 

Besonders die in Baden-Württemberg bewährte Vorgehensweise bei der Zulassung von Neuanlagen könnte laut Backes gefährdet werden. Durch die intensive Zusammenarbeit von Verwaltung und Industrie konnte die Dauer von Genehmigungsverfahren deutlich reduziert werden. Deshalb sei die chemische Industrie froh, dass die Landesregierung Verständnis für die Bedenken der Industrie gezeigt hat und mit ihr ein "Planspiel" zur Umsetzung der UGB-Entwurfsregelungen auf den Weg gebracht habe. Dabei werden an konkreten Genehmigungsfällen die neugeplanten Vorschriften durchgespielt. Die Ergebnisse sollen in die Entscheidungen zum UGB einfließen. Dies sei, so Backes, ein Musterbeispiel für eine sinnvolle Gesetzesfolgenabschätzung.

 

 

"Ethylen-Pipeline Süd"

 

Bis Ende 2009 soll zwischen dem "Chemiedreieck" Burghausen in Bayern und Ludwigshafen in Rheinland-Pfalz eine Ethylen-Pipeline fertiggestellt werden. Das Kernstück der Pipeline verläuft über baden-württembergisches Gebiet. Die chemische Industrie im Land unterstützt das Projekt, das als Infrastrukturmaßnahme ein wichtiger Beitrag zur Zukunftssicherung der Branche ist. Kunststoffhersteller und -verarbeiter in Baden-Württemberg werden mittelbar und die größte Raffinerie Deutschlands in Karlsruhe unmittelbar davon profitieren.

 

Der Bau der Pipeline in Baden-Württemberg soll noch in diesem Jahr beginnen. Der Betrieb soll 2009 aufgenommen werden. In Baden-Württemberg sind mit diesem Projekt direkte Investitionen von mehr als 70 Mio. Euro verbunden.

 

Die chemische Industrie fordert von der Landesregierung und den regionalen Körperschaften eine "positive Begleitung" der für die Branche wichtigen Infrastrukturmaßnahme.

 

Energiepolitik

 

Die deutsche chemische Industrie hat mit rund vier Mrd. Euro die zweithöchsten Energiekosten im Branchenvergleich des verarbeitenden Gewerbes. Damit ist sie in besonderem Maße von den derzeitigen Unsicherheiten der Energiepreisentwicklung betroffen.

 

Hinzu kommen besondere Belastungen aus dem EU-Emissionshandel. Die chemische Industrie kritisiert hier vor allem, dass Vorleistungen Deutschlands bei der Vergabe von Zertifikaten für die dritte Handelsperiode nicht ausreichend berücksichtigt werden. Dies belaste die Unternehmen im Euro-Binnenwettbewerb zusätzlich ohne entsprechend positive Effekte für den Umweltschutz.

 

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