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Wirtschaftspressekonferenz 2004Branche befürchtet Risiken wegen Chemikalienpolitik und Emissionshandel / Pharmaindustrie rechnet mit deutlichen Einbußen

01.04.2004

Stuttgart, 1. April 2004. Die Unternehmen der chemischen Industrie in Baden-Württemberg warten weiter auf einen echten Aufschwung. Hoffnung gibt es lediglich für das Auslandsgeschäft. Die Branche rechnet überwiegend mit einem Stellenabbau.

 

Konjunkturprognose 2004

Jedes vierte Unternehmen rechnet mit einer besseren, jedes fünfte hingegen mit einer schlechteren konjunkturellen Entwicklung. Obwohl 42 Prozent der Unternehmen höhere Umsätze erwarten, rechnen nur 20 Prozent mit höheren Erträgen. Dies zeigt, dass das Geschäft für die chemische Industrie insgesamt schwieriger wird.

 

Skeptisch zeigt sich die Branche insbesondere bei der Beschäftigtenentwicklung und bei den Investitionen. 40 Prozent der Unternehmen rechnen mit einem Stellenabbau. Nur jedes zehnte Unternehmen glaubt, Beschäftigung aufbauen zu können.

 

Innerhalb der Teilbranchen gibt die Pharmaindustrie im Vergleich zu den Befragungen der Vorjahre eine deutlich negativere Ertragsprognose ab. Hier werden größere Einbußen besonders im Inlandsgeschäft befürchtet.

 

Die politischen Rahmenbedingungen werden von den befragten Chemie-Unternehmen vor den Arbeitskosten als größter Risikofaktor für die konjunkturelle Entwicklung eingeschätzt.

 

Wirtschaftliche Entwicklung 2003

Der Umsatz der Chemie-Unternehmen in Baden-Württemberg ist 2003 um 1,2 Prozent auf deutlich unter 15 Mrd. Euro gefallen. Dabei stagnierte der Auslandsumsatz bei 7,2 Mrd. Euro und der Inlandsumsatz ging um 2,1 Prozent zurück. Die Zahl der Beschäftigten verringerte sich um 0,5 Prozent.

 

Wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen

Alexander Dehio, Vorsitzender des Landesverbandes der Chemischen Industrie, zeigte sich besonders betroffen von einer weiteren Verschlechterung der politischen Rahmenbedingungen durch Vorhaben insbesondere auf EU-Ebene. Diese seien für die Chemie-Unternehmen zu einem "gravierenden Risikofaktor" geworden.

 

Dazu zählt, laut Dehio, vor allem die geplante Neuordnung der EU-Chemikalienpolitik (REACH). Der 1.200 Seiten umfassende Entwurf überfordere organisatorisch und finanziell gerade die kleinen und mittelständischen Chemie-Unternehmen. Es könne nicht hingenommen werden, so Dehio, dass die EU die Binnen-Industrie immer stärkeren Regulierungen unterwerfe, wodurch die internationale Wettbewerbsfähigkeit leidet.

Speziell die Prüfkriterien und die damit verbundenen immensen Datenanforderungen sind aus Sicht der Industrie kontraproduktiv: Sie sind - im Ansatz falsch - mengenbezogen und nicht risikoorientiert. Sinnvollerweise sollte berücksichtigt werden, ob ein Stoff direkt mit Verbrauchern in Kontakt kommt oder im industriellen Kreislauf verbleibt. Ein solches System hat die chemische Industrie gemeinsam mit dem Öko-Institut Freiburg ausgearbeitet.

 

Ein weiteres Beispiel für die Regulierungswut ist die von der Bundesregierung geplante Umsetzung des EU-Emissionsrechtehandels. Zwar sehe der vor wenigen Tagen erzielte Kompromiss zwischen Umweltministerium sowie Wirtschafts- und Arbeitsministerium eine Verbesserung gegenüber den ersten Überlegungen vor. Trotzdem erhält die chemische Industrie nach wie vor weniger Emissionsrechte, als sie aktuell benötige. Dies konterkariere insbesondere die erheblichen Erfolge, die durch die Selbstverpflichtung zum Klimaschutz bereits erreicht wurden. Die chemische Industrie hat ihre Kohlendioxid-Emissionen durch verschiedene Maßnahmen deutlich reduziert. Dies müsse - laut Dehio - auch berücksichtigt werden.

 

Chemie-Tarifrunde 2004

"Wir brauchen endlich einen Tritt auf die Kostenbremse", so Rüdiger Dollhopf, Vorsitzender der baden-württembergischen Chemie-Arbeitgeber, zur anstehenden Chemie-Tarifrunde. Vor allem die kleinen und mittelständischen Unternehmen könnten sich nicht gleichzeitig im internationalen Kostenwettbewerb behaupten, eine mehrjährige Konjunkturflaute durchstehen, dabei die Beschäftigung halten, die Zahl der Ausbildungsplätze kontinuierlich steigern und von Jahr zu Jahr deutliche Tariferhöhungen verkraften. Eine Atempause, so Dollhopf, sei deshalb dringend notwendig. Außer Hoffnungen gebe es keine konkreten Fakten für einen Aufschwung.

 

Ausbildungsplatzabgabe

Enttäuscht zeigte sich Dollhopf darüber, dass die Bundesregierung an der Ausbildungsplatzabgabe fest halten will. Die Chemie-Arbeitgeber fordern, dass zumindest die Regelungen aus dem von der Politik als beispielhaft gelobten Chemie-Tarifvertrag "Zukunft durch Ausbildung" Vorrang vor einer gesetzlichen Regelung haben. Im Rahmen dieses Tarifvertrages hat die chemischen Industrie in Baden-Württemberg das Ausbildungsplatzangebot im vergangen Jahr um 4,4 Prozent erhöht. Für dieses Jahr ist eine weitere Steigerung um den demographischen Faktor 1,7 Prozent geplant. Seit 1995 ist das Ausbildungsplatzangebot in Baden-Württemberg um fast 40 Prozent erhöht worden. Insgesamt werden derzeit knapp 3.000 Jugendliche ausgebildet. Die Chemie-Arbeitgeber stehen damit zu ihrer sozialpolitischen Verantwortung.

 

 

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