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Halbjahresbilanz Januar bis Juni 2023 der Chemie- und Pharmaindustrie Baden-Württemberg: Hohe Belastungen schwächen Chemie deutlich - Aussichten für das Jahr verhalten

11.08.2023

Chemie-Arbeitgeber-Hauptgeschäftsführer Björn Sucher:

“Wir dürfen uns angesichts der gestiegenen Beschäftigtenzahlen nicht in falscher Sicherheit wiegen. Verluste und rückläufige Gewinne sind deutliche Warnsignale.“

 

VCI Baden-Württemberg Hauptgeschäftsführer Prof. Dr. Winfried Golla:

“Energie-, Rohstoffkosten und Bürokratie machen unserer Branche existentiell zu schaffen. Die Politik muss jetzt gegensteuern, sonst verlieren wir unseren industriellen Kern!”

 

Baden-Baden, 11. August 2023. Die Produktion in der baden-württembergischen Chemieindustrie ist im ersten Halbjahr 2023 gegenüber dem Vorjahr um zehn Prozent gesunken. Die Umsätze sind um 1,1 Prozent zurückgegangen. Das teilten die Verbände der Chemie- und Pharmaindustrie Baden-Württemberg, Chemie.BW, heute in Baden-Baden mit. Diesen negativen Entwicklungen stehen im Land die Zahlen in der Pharmaindustrie entgegen - ihre Produktion wuchs im ersten Halbjahr um 9,9 Prozent, die Umsätze um 10,6 Prozent.  Insgesamt betrugen von Januar bis Juni 2023 die Umsätze der Branche 13,5 Milliarden Euro. Davon waren 7,9 Milliarden Euro Auslands- und 5,6 Milliarden Euro Inlandsumsätze.

Erstes Halbjahr 2023 schwach

In Summe ist die Chemie- und Pharmabranche mit zwei Prozent deutlich schwächer gewachsen als das verarbeitende Gewerbe im Land (7,4 Prozent). Nach einer Umfrage bei Mitgliedsunternehmen der Verbände haben zwanzig Prozent der Betriebe Verluste eingefahren. Mehr als ein Drittel verzeichnen Gewinnrückgänge.

Die Beschäftigung wuchs in den ersten sechs Monaten des Jahres gegenüber dem Vorjahr um knapp vier Prozent auf 64.000. Auch hier spielte die Pharmaindustrie eine besondere Rolle mit einem Zuwachs von knapp 9 Prozent. In der klassischen Chemieindustrie stagniert die Beschäftigung.

Einschätzungen der Unternehmen zum Gesamtjahr 2023

Knapp ein Drittel der baden-württembergischen Chemie- und Pharma-Unternehmen befürchten sinkende Umsätze bis zum Ende des Jahres 2023. Nur etwa 20 Prozent haben positive Umsatzerwartungen. Bei der Ertragslage sind die Unternehmen noch pessimistischer: 40 Prozent befürchten Rückgänge, nur 14 Prozent hoffen auf steigende Erträge im Vergleich zum Vorjahr.

Fast ein Drittel der Unternehmen erwarten einen Rückgang der Beschäftigung, die Hälfte keine Veränderung. 17 Prozent der befragten Unternehmen werden voraussichtlich bis Ende des Jahres Kurzarbeit einsetzen.

Als größter Störfaktor für die Geschäftstätigkeit wird von den Unternehmen die aufwändige Bürokratie in Deutschland genannt. Über zwei Drittel sehen sich davon schwer oder sogar sehr schwer betroffen. Bei mehr als der Hälfte werden die Betriebsabläufe und die Produktion durch den Fachkräfte- bzw. allgemeinen Arbeitskräftemangel schwer oder sehr schwer beeinträchtigt. Dies gilt in noch stärkerem Maße für die Belastungen durch die hohen Arbeitskosten. Auch bei den Rohstoffkosten und Energiepreisen sehen die Unternehmen bislang keine Entspannung: zwei Drittel bezeichnen sie weiter als schwere oder sehr schwere Belastung.

Die Unternehmen haben als wichtigste Standortfaktoren die Verfügbarkeit von Fachkräften, Arbeitskosten, Energiekosten, Bürokratie und Rohstoffkosten genannt. Zudem bewerten die befragten Betriebe wichtige Wettbewerbsfaktoren, wie Bürokratie, Regulierungsaufwand sowie Energie- und Arbeitskosten am Standort Baden-Württemberg deutlich schlechter als im Ausland.

Das sehen die Verbände besonders in Bezug auf die Zukunft des Industriestandortes Baden-Württemberg kritisch: „Wenn hier nicht schnelle und deutliche Besserungen eintreten, werden die Unternehmen bei ihren Investitionsentscheidungen zunehmend gegen den Standort Baden-Württemberg und Deutschland entscheiden,“ sind sich Sucher und Golla einig.