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Wie Röchling den 3-D-Druck voranbringt

21.09.2020

Waldachtal. Diese drei Männer sind angetreten, um den 3-D-Druck voranzubringen: „Wir können Produkte und Anwendungen neu erfinden!“ Das meinen Knut Figaj, David Torres und Eike Birk. Die Anwendungsingenieure arbeiten bei Röchling Direct Manufacturing, einer neuen Tochterfirma des Kunststoffverarbeiters Röchling.

Experten sprechen von „additiver Fertigung“: Bauteile entstehen durch das Hinzufügen von Material. „Schicht für Schicht bauen wir die Teile aus Kunststoffen oder Metallen auf“, erklärt Torres. Bei der „subtraktiven Fertigung“ dagegen trägt man Material ab, da wird gebohrt, gefräst, zerspant. „Die additive Fertigung hat große Vorteile“, ist Birk überzeugt. Beim Besuch von aktiv im Waldachtal (Schwarzwald) zeigt er zum Beispiel ein Spritzgusswerkzeug aus Metall, mit dem Kanülen für Beatmungsgeräte hergestellt werden. Was man nicht sieht: Im Inneren des Werkzeugs verlaufen Kühlkanäle in Form einer Doppelhelix. Die lassen das Material bei der Fertigung schneller erkalten, das spart Zeit und Geld.

Solche komplexen Strukturen kann man nur per 3-D-Druck herstellen. Dazu trägt ein spezielles Werkzeug („Rakel“) im Drucker dünne Schichten Metallpulver auf, die dann ein Laser aufschmilzt. „Man kann heute Aluminium, Stahl, Titan und Edelmetalle so verarbeiten“, erklärt Birk.

Die additive Fertigung ist viel schneller als die klassischen Verfahren

Seine Leidenschaft ist die Konstruktion der Bauteile. „Wir müssen genau überlegen, wie die einzelnen Schichten aufgebaut werden sollen“, erklärt er. Wenn es die Geometrie erfordert, arbeiten die 3-D-Druck-Experten mit sogenanntem Supportmaterial. Das können Wachse sein, die mitverarbeitet werden, um zum Beispiel Überhänge zu drucken. Oder Metallstreben, die für eine bessere Temperaturverteilung sorgen.

Neue Eigenschaften für Bauteile mit 3-D-Druck

Die Möglichkeiten und Anwendungsbereiche sind beim 3-D-Druck fast grenzenlos! Teile für Windkraftanlagen, für außergewöhnliche Sportwagen oder für den medizinischen Bereich, aber auch Werkzeuge oder Ersatzteile für Maschinen haben die drei Experten hier schon hergestellt – aus den unterschiedlichsten Materialien. Diese Vielseitigkeit begeistert sie. „Wir brauchen ein neues Denken“, sagt Knut Figaj. „Der 3-D-Druck ist nicht nur viel schneller als andere Fertigungsverfahren, wir können auch einen Mehrwert schaffen, indem wir Bauteilen neue Funktionen und Eigenschaften geben.“

Er beschäftigt sich schon seit Jahren auch privat mit 3-D-Druckern und ist daher ein begehrter Helfer: „Bekannten habe ich schon Ersatzteile für einen Plattenspieler gedruckt.“ Dazu braucht man Fachwissen – und muss unter anderem das richtige Material finden.

Im Betrieb stehen dem Team deshalb mehrere Anlagen zur Verfügung: für Metalle, für Kunststoffgranulate, für flüssige Kunststoffe und für Kunststoffdrähte, sogenannte Filamente.

Temperatur und Luftfeuchtigkeit für jeden Drucker einstellen

„Die flüssigen Kunststoffe muss man wie Lebensmittel behandeln“, erklärt Torres „Sie haben ein Verfallsdatum, und sie müssen bei bestimmten Temperaturen gelagert werden.“ Die Drucker sind hier auf drei Räume verteilt, in jedem herrschen eine andere Temperatur und andere Luftfeuchtigkeit. Jeder ist für seine Maschinen verantwortlich, Reinigung und Wartung inklusive.

Sehr wichtig ist gute Planung: Es kann mehrere Tage dauern, bis Bauteile fertig sind; die Drucker laufen dann über Nacht und am Wochenende. „Man hofft immer, das alles gut geht – und manchmal gibt es eben Überraschungen“, erzählt Figaj. „Doch wir haben viel Erfahrung und arbeiten eng zusammen.“ Obwohl jeder seinen eigenen Bereich hat, tauscht sich das Team ständig aus.

Dazu gehören übrigens auch Entdeckungen wie die von Daniel Torres: Der kunstinteressierte Ingenieur hat im Internet ganz besondere Druckdaten gefunden, die auf Fotos verschollener Schachfiguren des Designers Marcel Duchamp beruhen. „Das hat mich inspiriert, selbst Druckdaten für Nachbildungen von Kunstgegenständen aus Kolumbien zu erstellen. Dort bin ich aufgewachsen.“