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Kommentar: Eine verlässliche Wirtschaftspolitik ist dringend nötig
Gastbeitrag von Prof. Dr. Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft
Die deutsche Wirtschaft steht vor großen Herausforderungen. Mit nur 0,1 Prozent Wachstum im dritten Quartal 2024 und fortlaufend nach unten korrigierten BIP-Prognosen für 2025 zeigt sich eine ernüchternde Bilanz. Die Industrie bleibt schwach; die Produktion energieintensiver Branchen verharrt seit dem russischen Angriffskrieg auf niedrigem Niveau. Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit ist dramatisch gesunken – von Platz 6 vor zehn Jahren auf Platz 24.
Die Investitionsschwäche ist und bleibt das Kernproblem. Seit über 20 Jahren liegen die öffentlichen Investitionen unter dem OECD-Schnitt. Gleichzeitig steht die Transformation zur Klimaneutralität bis 2045 bevor, verbunden mit einem notwendigen Umbau des Kapitalstocks. Zudem bedroht die Abkehr von der liberalen Weltwirtschaftsordnung Deutschlands Exportwirtschaft – ein Handelsstreit zwischen den USA und der EU könnte Deutschland 180 Milliarden Euro kosten.
Eine neue Bundesregierung muss eine verlässliche Wirtschaftspolitik liefern: klare Ziele in der Energiepolitik in Richtung Klimaneutralität, Entbürokratisierung und eine langfristige Finanzplanung für den Verteidigungssektor. Auf der europäischen Ebene gilt es, Synergien zu nutzen, etwa durch grenzüberschreitende Investitionsprojekte, eine Kapitalmarktunion und eine gemeinsame Verteidigungspolitik. Ohne europäische Zusammenarbeit und fiskalische Spielräume sind diese Herausforderungen nicht zu bewältigen.
Prof. Dr. Michael Hüther
Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW)