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Konjunktur: Halbjahresbilanz 2024 der Chemie- und Pharmaindustrie in Baden-Württemberg
Chemieindustrie in Baden-Württemberg weiter im Krisenmodus / Hoffnungen werden nach hinten geschoben
Baden-Baden, 14. August 2024. Die Umsätze in der Chemie- und Pharmabranche im Land sind weiterhin rückläufig: Sie sanken im ersten Halbjahr 2024 um 2,7 Prozent auf 13,2 Milliarden Euro gegenüber dem Vorjahr. Die Inlandsumsätze sanken dabei stärker (-4,5 Prozent, 5,4 Milliarden Euro) als die im Ausland (-1,4 Prozent, 7,8 Milliarden Euro). Die Beschäftigung stieg weiter leicht an (+1,2 Prozent).
Die Verbände der Chemie- und Pharmaindustrie in Baden-Württemberg, ChemieBW, informierten heute dazu auf Basis der Angaben des Statistischen Landesamtes. Der große Pharmaanteil in der Gesamtbranche (46 Prozent nach Umsatz und Beschäftigten) hat weitere Umsatzrückgänge abgefedert: Die Umsätze der Arzneimittelhersteller wuchsen im ersten Halbjahr um 1,4 Prozent. Die leicht positive Beschäftigtenbilanz ist auch dieser Teilbranche zu verdanken (+2,8 Prozent Pharma).
Dagegen sanken die Umsätze der klassischen Chemieunternehmen um 4,3 Prozent, die Beschäftigung hier stagnierte. Ursächlich hier ist die andauernde, gravierende Schwäche im Inlandsgeschäft (-10 Prozent). Allerdings sind nach schwachen Vormonaten auch die Auslandsumsätze jetzt in der Summe negativ im Vergleich zum Vorjahr (-1 Prozent).
Besondere Sorgen bereitet den Verbänden derzeit die Entwicklung der Farben- und Lackbranche: Die Umsätze brachen hier um 10,2 Prozent ein (Auslandsumsätze -11,3 Prozent, Inlandsumsätze -9,6 Prozent). Auch die Beschäftigung in dieser Teilbranche ging zurück (-3,8 Prozent).
Bewertung
“Das erste Halbjahr 2024 war leider wieder enttäuschend für unsere Branche. Nun hoffen wir für 2025 auf Erholung,” so der Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Chemischen Industrie Baden-Württemberg (VCI BW), Winfried Golla. Die Bedeutung der industriellen Gesundheitswirtschaft nehme als Stütze der Branchenkonjunktur in Baden-Württemberg zudem weiter zu. Nach einer Unternehmensbefragung rechnen zahlreiche Betriebe mit einer Besserung der Branchen-Konjunktur erst Ende des Jahres oder 2025. Allerdings helfen dabei, so Golla, weder die steigenden Bürokratiekosten noch der Investitionsstau in der Infrastruktur in Baden-Württemberg. Kritisch sind zudem die im internationalen Wettbewerb immer noch viel zu hohen Energiekosten. “Wir brauchen bessere Bedingungen im Land, damit Investitionen wieder verstärkt im Inland getätigt werden. Der Standort muss wieder wettbewerbsfähig werden!”
Den jüngsten Tarifabschluss in der Branche bewertet Björn Sucher, Hauptgeschäftsführer des baden-württembergischen Chemie-Arbeitgeberverbandes (agvChemie) vor allem im Hinblick auf seine Laufzeit bis Anfang 2026 positiv: “Der jüngste Abschluss ist für viele Unternehmen an der Grenze der Belastbarkeit. Aber die langfristige Planungssicherheit und flexible Regelungen für Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten helfen”. Mit Blick auf die ins Stocken geratene Erholung und den Strukturwandel in der Chemiebranche gerade am Standort Baden-Württemberg forderte Sucher ein entschiedenes Eintreten der Landesregierung für die Chemie- und Pharmaunternehmen im Land: "Wir können auch für andere Branchen Innovationsmotor für die Transformation sein. Außerdem sind unsere stabilen und gut bezahlten Arbeits- und Ausbildungsplätze ein Wirtschaftsfaktor!" Insbesondere bei den Themen Modernisierung des Arbeitszeitrechts und bei den Rahmenbedingungen für die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer hoffen die Chemie-Arbeitgeber auf Unterstützung im Bundesrat durch die Landesregierung.
Hinweis
Die Summendaten für die bei den Verbänden ChemieBW organsierten Chemie- und Pharmaunternehmen in Baden-Württemberg liegen höher als die Daten des Statistischen Landesamtes: Dort werden nur Unternehmen mit mehr als fünfzig Beschäftigten erfasst und teilweise die Branchen anders zugeordnet. Die Tendenzen bei Umsatz und Beschäftigung sind regelmäßig vergleichbar.
In den Verbänden ChemieBW sind mehr als fünfhundert Unternehmen mit etwa 115.000 Beschäftigten Mitglied. Auf die Summe dieser Unternehmen hochgerechnet haben diese Unternehmen im Gesamtjahr 2023 Umsätze von 47 Milliarden Euro gemacht.