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Diesel und Co.: Wie die Raffinerie MiRO dem hohen Energiebedarf begegnet

01.10.2020

Karlsruhe. Der Hunger nach Diesel wird bundesweit immer größer: Etwa 2 Prozent beträgt die jährliche Steigerungsrate im Schnitt. Gut 5,6 Millionen Tonnen Diesel pro Jahr werden daher derzeit importiert. Besonders hoch ist der Bedarf im Südwesten. „Dieses Geschäft möchten wir gerne selbst übernehmen und unsere Produktion entsprechend ausbauen“, sagt Markus Scheib, Geschäftsführer der Mineraloelraffinerie Oberrhein (MiRO).

300 Millionen Euro am Standort investiert

Das sichere nicht nur die 1.000 Arbeitsplätze in Deutschlands größter Mineralölraffinerie – die Verarbeitung des Rohöls geschehe in Karlsruhe „hochwertiger und umweltfreundlicher als im Ausland“. Gerade investiert das Unternehmen daher 300 Millionen Euro am Standort; Gesellschafter sind übrigens Esso, Phillips 66, Rosneft und Shell.

Durchsatz erhöht und Ausbeute verbessert

„Unsere Technologie ist modern und wettbewerbsstark“, erklärt Scheib. „Hier finden Hochtemperaturprozesse statt, die sogenannte Wärmeintegration ist entscheidend dafür, wie energieeffizient man Produkte herstellen kann.“ Im europäischen Raffinerie-Vergleich liege MiRO da im besten Fünftel. Die in Europa geforderten hohen Produktqualitäten kann MiRO selbstverständlich liefern: „Das fängt beim Schwefel im Kraftstoff an und hört bei der Zündwilligkeit auf“, erklärt der Manager. „Bevor Diesel in deutlich ineffizienteren Raffinerien hergestellt wird, muss es hier in Karlsruhe passieren!“

Jetzt werden mit großem Aufwand alle wichtigen Anlagen optimiert, der Durchsatz erhöht und die Ausbeute verbessert. „Wir werden ab 2021 mit günstigeren Einsatzstoffen mehr hochwertige Produkte herstellen, um auch die letzte Tonne Diesel mehr rauszuholen“, sagt Scheib.

Flüssige Kohlenwasserstoffe als Lösung für die Zukunft

Dem Rohöl an sich gibt der Manager jedoch langfristig keine Zukunft mehr. Die sieht er vielmehr in flüssigen Kohlenwasserstoffen: „Die einfache Lager- und Transportfähigkeit sowie die sehr hohe Energiedichte sind unwahrscheinlich große Vorteile, wenn es darum geht, die Mobilität aufrechtzuerhalten.“

Man kann zum Beispiel Biomasse umwandeln – ein Schritt, den europäische Erdölraffinerien jetzt gehen: Sie wollen sich zu „Bioraffinerien“ wandeln und dafür bis 2050 Hunderte Milliarden Euro investieren.

Scheib zeigt noch einen anderen Weg auf: „Erdöl produzierende Länder lassen fossiles Erdöl im Boden – und erzeugen mit Sonnenenergie einen umweltfreundlichen Rohstoff.“ Dabei wird Wasser mit sehr viel Energie in Wasser- und Sauerstoff gespalten, den Wasserstoff verbindet man mit CO2, etwa aus Industrieabgasen, und erhält daraus synthetisches Rohöl. Das lässt sich dann in einer Raffinerie zu Benzin und Diesel für Verbrennungsmotoren verarbeiten. In Karlsruhe arbeitet man bereits an einem entsprechenden Projekt namens „ReFuels“, zusammen mit namhaften Partnern.

Wie aus Rohöl Benzin, Diesel und Co. werden

Rohöl ist ein Gemisch aus über 500 Komponenten, das hauptsächlich aus Kohlenwasserstoffen mit unterschiedlichen Siedepunkten besteht. Diesen Effekt nutzt man aus, um in einer Raffinerie an verschiedene Erdölprodukte zu kommen.

In einer Kolonne, einem riesigen Destillationsturm, wird das Rohöl in seine Bestandteile zerlegt. Man erhitzt es auf 400 Grad Celsius, bis es verdampft und nach oben in die Kolonne strömt; dort nimmt die Temperatur nach oben immer weiter ab. Ganz unten fällt Bitumen aus, der schwerste Bestandteil. Die leichteren Bestandteile kondensieren weiter oben.

Bei 360 Grad kondensieren zum Beispiel Heizöl und Diesel. Das Mitteldestillat bei 250 Grad ist Ausgangsstoff für Petroleum und Kerosin. Leichtbenzin kondensiert schon bei 80 Grad Celsius, ganz oben bleiben die Gase Methan, Ethan, Propan und Butan übrig.