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Titandioxid: Malkästen und Straßenkreide bald verboten?

18.09.2019

Bei einem heutigen Expertentreffen will die Europäische Kommission Klarheit über die Haltung der Mitgliedstaaten zu ihrem Vorschlag für eine Einstufung von Titandioxid als Gefahrstoff gewinnen. Aus Sicht der Farbenindustrie fehlt dem mehrfach überarbeiteten Vorschlag jedoch nach wie vor eine wissenschaftliche Grundlage. Titandioxid ist das Weißpigment mit dem höchsten Deckvermögen und findet daher breite Verwendung in vielen industriellen Wertschöpfungsketten, zum Beispiel bei der Herstellung von Farben, Lacken und bei der Papierherstellung. Der jüngst bekannt gewordene Vorschlag der Kommission dehnt den Anwendungsbereich noch einmal aus: Danach sollen auch solche Gemische als Gefahrstoff eingestuft werden, in denen das Titandioxid fest in einer Matrix gebunden ist, etwa industrielle Anwendungen wie Pulverlacke, Putze sowie Fugen- und Spachtelmassen.

“Die vorgeschlagene Einstufung hätte zur Folge, dass viele dieser Produkte auf ihrer Verpackung vor einer möglichen Krebsgefahr warnen müssten, obwohl nach Einschätzung sämtlicher Experten die aktuellen Grenzwerte einen sicheren Umgang gewährleisten”, kritisiert Dr. Martin Engelmann, Hauptgeschäftsführer des Verbands der deutschen Lack- und Druckfarbenindustrie e.V. (VdL) den Vorschlag. Im Übrigen würden mehrere EU-Regelungen den Einsatz von (potentiell) krebserregenden Stoffen in bestimmten Produkten ausschließen, beispielsweise für Spielzeug wie Deckmal-Farbkästen und farbiger Straßenmalkreide. “Wir haben nicht den Eindruck, dass die Kommission weiß, welche Auswirkungen ihr neuer Vorschlag hat. Es braucht daher unbedingt eine Abschätzung der wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Folgen”, erläutert Engelmann. Der VdL hat gemeinsam mit 297 Unternehmen und Verbänden einen entsprechenden Aufruf unterzeichnet.
 
Der Vorschlag der Kommission basiert auf einer Empfehlung eines Ausschusses der  Europäischen Chemikalienbehörde ECHA von 2017, wonach Titandioxid als „ein Stoff mit Verdacht auf krebserzeugende Wirkung beim Menschen durch Einatmen” eingestuft werden sollte. Die Kritik basiert auf einer 20 Jahre alten Studie bei der Ratten über einen langen Zeitraum staubförmiges Titandioxid einatmeten. Experten hatten kritisiert, dass die dabei festgestellte Reaktion nicht spezifisch für Titandioxid, sondern charakteristisch für eine Vielzahl von Stäuben sei. Außerdem gebe es in dieser oder anderen Studien keine Hinweise auf eine Gefahr für Menschen. Im Gegenteil: Umfassende epidemiologische Studien zeigten keinen Zusammenhang zwischen der Exposition von Titandioxid-Staub am Arbeitsplatz und einem Risiko für Krebs. 

In der Zwischenzeit gehen die Arbeiten an der Angleichung der unterschiedlichen Staubgrenzwerte am Arbeitsplatz innerhalb der EU weiter. So muss beispielsweise ein deutscher Farbenhersteller viermal strengere Staubgrenzwerte einhalten, als sein französischer Wettbewerber. In einem Binnenmarkt, der gleiche Wettbewerbsbedingungen für die Marktteilnehmer sicherstellen soll, sei dies auf mittlere Frist gesehen nicht akzeptabel, so der VdL. 

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Die Stellungnahme des VdL finden Sie hier.