Pharma | BPI
Frage zum Weltblutspendetag: Ist die Versorgung mit Blutplasmaprodukten sichergestellt?
Die neue SOHO-Verordnung aktualisiert und erweitert die 20 Jahre alten Vorschriften für die Gesundheitsversorgung mit Substanzen menschlichen Ursprungs. Dazu gehören unter anderem Blut, Gewebe, Zellen und Muttermilch. Die Verordnung soll Sicherheits- und Qualitätsstandards europaweit vereinheitlichen und den Schutz für Spender und Empfänger verbessern. Zudem erleichtert sie den grenzüberschreitenden Verkehr von SoHO, was in medizinischen Notfällen wichtig ist. Ein Bestandteil der Verordnung ist das gemeinsame Verfahren zur Bewertung und Zulassung von SoHO-Präparaten.
Die neuen Regeln legen fest, dass die Spende von Substanzen menschlichen Ursprungs freiwillig erfolgen soll, ohne direkte Anreize oder finanzielle Gegenleistung. Das Verbot der Kommerzialisierung des menschlichen Körpers soll damit sichergestellt sein. Angemessene Entschädigungen sind jedoch zulässig, um Spender nicht finanziell zu belasten. Gleichzeitig will die EU die Spendenbereitschaft in den Mitgliedstaaten durch nationale Kampagnen fördern. Mitgliedstaaten sollen auch ihre Sammelkapazitäten erhöhen. Die Maßnahmen sollen Abhängigkeiten reduzieren, sodass sich die EU weitgehend selbst mit Substanzen menschlichen Ursprungs versorgen kann.
Risiko von Lieferengpässen reduzieren
„In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass das System der Blut- und Plasmaspenden sehr fragil ist. Die Corona-Pandemie führte aufgrund der Kontaktbeschränkungen zu einem deutlichen Rückgang der Spendenbereitschaft. Gleichzeitig bestehen große Abhängigkeiten ins europäische Ausland – circa 40 Prozent des in Europa benötigten Plasmas wird aus den USA importiert. Während der Bedarf an Blutplasmaprodukten aufgrund immer besser werdender Diagnosen und eines erweiterten Indikationsspektrums stetig steigt, führte der Mangel an notwendigem Plasma insbesondere in den Jahren 2021/2022 zu Lieferengpässen“, erklärt Dr. Kai Joachimsen, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI).
Die Anzahl der in Deutschland ansässigen Hersteller, die sich auf diese hochkomplexen Präparate spezialisiert haben, nehme ab, warnt Joachimsen. Hier spielten unter anderem Faktoren wie das Preismoratorium und Herstellerrabatte eine Rolle. Die massiv gestiegenen Rohstoffpreise für Plasma ließen eine Produktion und marktgerechte Preisgestaltung kaum mehr zu, so der Hauptgeschäftsführer.
Für eine langfristige Sicherstellung der Patientenversorgung mit Blutplasmaprodukten fordert der BPI:
• verbesserte Rahmenbedingungen für Plasmasammelzentren
• Abschaffung der Parallelimportförderung
• Abschaffung von Rabattverträgen (wie bei den Impfstoffen)
• Verbot einer ausschließlich kostengetriebenen aut idem-Substitution für Blutplasmaprodukte
• marktgerechte Preisgestaltung durch Anpassung über den Inflationsausgleich zur Aufrechterhaltung internationaler Wettbewerbsfähigkeit
Hintergrund: Aus menschlichem Blutplasma werden Antikörper (Immunglobuline) sowie andere Proteine gewonnen. Daraus können wertvolle Arzneimittel hergestellt werden, die zum Beispiel bei Autoimmunerkrankungen, Immundefekten, Blutgerinnungsstörungen, Krebsleiden oder auch bei genetischen Erbkrankheiten Anwendung finden. Die Herstellung von Blutplasmaprodukten ist hochkomplex und erfordert eine lange Produktionsvorlaufzeit von sieben bis zwölf Monaten. Mittlerweile gibt es nur noch wenige Firmen, die diese lebensnotwendigen Präparate herstellen können.
Weiterer Informationen finden Sie unter: www.bpi.de