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Zinn – für Legierungen

06.10.2022

Zinn hat im Periodensystem der Elemente das Symbol Sn von lateinisch stannum „Zinn“. Es trägt der Ordnungszahl 50 und ist ein silbrig glänzendes und weiches Schwermetall. Es lässt sich mit einem Messer leicht ritzen, und man kann es zu hauchdünnen Folien auswalzen, die man früher „Stanniol“ nannte.

Vorkommen: Kein Rohstoff könnte so schnell zu Ende gehen wie Zinn. Da weltweit jedes Jahr nur etwa 355.100 Tonnen Zinn angeboten werden, Unternehmen aber mehr nachfragen, hat sich der Preis in den vergangenen 20 Jahren verzehnfacht. Während die Nachfrage unaufhaltsam steigt, geben vor allem die Minen in Indonesien immer weniger her. Außerhalb Südostasiens verfügt China über große Lagerstätten. Die Volksrepublik hat mit 1,1 Million Tonnen mehr Reserven als jedes andere Land. Weitere Vorkommen finden sich in Brasilien, wo es mit 700.000 Tonnen fast ebenso große Vorkommen gibt wie in Indonesien. Peru besitzt zwar nur 2,12 Prozent der Reserven, dennoch stammen gut neun Prozent des auf dem Weltmarkt angebotenen Zinns aus dem Andenstaat.

Trotzdem muss sich die deutsche Industrie keine Sorgen machen, dass bald kein Zinn mehr zur Verfügung steht. Denn in Sachsen in Gottesberg im Vogtland sowie in Geyer im Erzgebirge lagern knapp 160.000 Tonnen Zinn. Das entspricht der gemeinsamen Jahresförderung von Indonesien und China und ist beim gegenwärtigen Preis für den Rohstoff ein Schatz im Wert von über 2,9 Milliarden Euro.

Geschichte: Zinn gehört zu den zehn Metallen des Altertums. Die ältesten Funde weisen auf die Verwendung von Zinn zusammen mit Kupfer in Bronzelegierungen hin. Diese traten im 3. Jahrtausend vor Christus in Beilen und Pfeilspitzen in der Bronzezeit auf. Reines Zinn kannten im 18. Jahrhundert vor Christus die alten Griechen, aber auch die Chinesen und Japaner im gleichen Zeitraum. Um 700 vor Christus erzeugten die alten Ägypter Zinnfolien, mit denen sie Mumien einwickelten. Der römische Geschichtsschreiber Plinius der Ältere (24–79) beschrieb die Verwendung einer Blei-Zinn-Legierung zum Verlöten und das Überziehen von Kupfergefäßen mit einer dünnen Zinnschicht. Bis zum 13. Jahrhundert lieferte England den Hauptanteil des europäischen Zinns. Anfang des 12. Jahrhunderts entstanden in Böhmen und in Sachsen die ersten Zinngruben.

Toxikologie: Zinn und seine anorganischen Verbindungen sind zwar weit weniger toxisch als das Blei, aber nicht unproblematisch. Sie gelangen vor allem über die Nahrung von zinnhaltigen Lebensmitteln in den menschlichen Körper. Aber auch zinnhaltige Dentallegierungen oder Konservendosen können zu einer Exposition führen. Akute Vergiftungserscheinungen wurden bei Personen beobachtet, die sauren Orangensaft aus einem Zinngefäß tranken. Anorganische Zinnverbindungen werden im Magen-Darm-Trakt in geringen Mengen zu organischen Zinnverbindungen umgewandelt. Diese sind sehr viel toxischer als die anorganischen Zinnverbindungen. Im Jahre 1954 starben in Frankreich etwa 100 Menschen nach der Einnahme eines Medikaments an einem Gehirnödem. Das Arzneimittel war mit einer zinnorganischen Verbindung verunreinigt. Dieser Stoff wirkt im Zentralnervensystem als Gift; er löst Schlafstörungen, Hyperaktivität oder schwere Krämpfe aus.

Verwendung:  Etwa die Hälfte des jedes Jahr in Deutschland verarbeiteten Zinns dient in Metalllegierungen als Lötzinn, mit dem die Elektronikindustrie ihre Bauteile verbindet. Zinn bietet sich dazu aufgrund seines niedrigen Schmelzpunkts von nur 231 Grad Celsius sowie seiner guten elektrischen Leitfähigkeit an. Etwa 23 Prozent der verfügbaren Menge dienen der chemischen Industrie als Zusatzstoffe. Mit weiteren 17 Prozent des Angebots stellt die Metallindustrie Weißbleche her, die unter anderem zu Konservendosen weiterverarbeitet werden. Gut fünf Prozent des Zinns legiert die Metallindustrie mit Kupfer zu Bronze. Außerdem kommt Zinn in zahlreichen weiteren Legierungen zum Einsatz. So stellen. Medizintechniker damit Amalgam für Zahnfüllungen her. Orgelbauer legieren Zinn mit Blei, um daraus Pfeifen zu gießen. Die Hersteller von Supramagneten verschmelzen Zinn mit Niobium. Die Stahlindustrie setzt das Metall Stählen zu, die in besonders salzhaltigen Umgebungen wie Küstenregionen die Korrosion von Brücken oder Stromleitungsmasten verhindern. Die korrosionsgeschützten Stähle kommen auch in kalten Klimazonen zum Einsatz, in denen Straßenmeistereien im Winter viel Streusalz ausbringen.

Recycling von Zinn: Aufgrund seines hohen Preises ist Zinn ein begehrtes Recyclingprodukt. Die Hauptquellen von Zinnaltschrotten sind Altfahrzeuge, Maschinen, Elektroschrott, die Güterausstattung in Gebäuden und Schrotte aus dem Rückbau von Stromerzeugungsanlagen. Stückige Zinnschrotte, wie Lager aus Maschinen oder Zinnteller, können direkt wieder eingeschmolzen werden. Ein Recycling von Zinn aus Platinen findet nach Aufbereitung in integrierten Sekundärschmelzbetrieben statt. Eine Rückgewinnung von Zinn aus Weißblech ist ebenfalls möglich, wird aber aufgrund des relativ hohen Aufwands bei zunehmend geringer werdenden Zinnanteilen im Weißblech nicht mehr praktiziert. Aus Weißblechschrotten, die eine Müllverbrennungsanlage durchlaufen, ist technisch und wirtschaftlich keine Gewinnung von Zinn möglich.

Die Recyclingrate von zinnhaltigem Schrott ist insgesamt jedoch sehr hoch. Sie liegt im Schnitt laut der Deutschen Rohstoffagentur bei mehr als 50 Prozent. So lag das Ausmaß im Jahr 2016 bei 30,7 Prozent.

Interessant: Seit dem 13. Jahrhundert produzieren Zinngießer haltbare Gebrauchs- und Ziergegenstände.

Ausführliche Informationen zu den chemischen Eigenschaften von Zinn: https://www.mineralienatlas.de/lexikon/index.php/MineralData?mineral=Zinn

Mehr zum Preis, Gewinnung und Etymologier: https://institut-seltene-erden.de/seltene-erden-und-metalle/basismetalle/zinn/

Autor: Heike Marburger