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Xenon – erhellend

09.08.2022

Xenon mit dem Elementsymbol Xe und der Ordnungszahl 54 ist eine Rarität: Das farb- und geruchlose Gas ist das seltenste nicht radioaktive Element der Erde. Es wiegt viermal mehr als Luft. Unter hohem Druck und bei Temperaturen von weniger als –240 Grad Celsius verhält es sich wie Metall: es leitet Strom. Xenon ist das aktivste der reaktionsträgen Edelgase, greift aber keine Metalle an, wird kaum zersetzt, brennt und explodiert nicht.

Entdeckung: Nachdem 1894 das erste Edelgas Argon entdeckt wurde und William Ramsay 1895 das bislang nur aus dem Sonnenspektrum bekannte Helium aus Uranerzen isolierte, erkannte der Chemiker aus der Ordnung des Periodensystems, dass es noch weitere derartige Elemente geben müsste. Schließlich begannen Ramsay und sein Assistent Morris William Travers 15 Liter Rohargon zu untersuchen und durch Verflüssigung und fraktionierte Destillation zu trennen. Als sie den Rückstand untersuchten, entdeckten sie das neue Element Krypton. Nachdem sie auch Neon entdeckten, begannen Ramsay und Travers im September 1898, Krypton durch fraktionierte Destillation weiter zu untersuchen und entdeckten dabei ein weiteres Element mit einem höheren Siedepunkt als Krypton. Dieses nannten sie nach dem altgriechischen ξένος xénos „fremd“ Xenon.

Verwendung: Anästhesisten nutzen es als Narkosemittel, die Raumfahrt als Treibstoff für Satelliten. Ein Xenon-Ionen-Antrieb steuert Objekte bis zu 15 Jahre im All.

Nicht ganz so lange lässt sich unerwünschter Haarwuchs mit der optischen Strahlung aus Hochdruck-Xenon-Kurzbogenlampen unterbinden. Narben werden damit geglättet oder Tattoos entfernt. Den größten Bedarf haben Leuchtenhersteller: Das helle weiße Licht von Xenonlampen wird von der Autoindustrie geschätzt. Weitere Anwendungen sind Flutlichter, Leuchten für Fotokopierer oder Scanner, Kinoprojektoren, Blitzlichter sowie künstliches Sonnenlicht in Gewächshäusern und Markierungsleuchten auf Lande- und Startbahnen von Flughäfen.

Die niedrige Schallgeschwindigkeit macht Xenon zum perfekten Füllgas von hochwertigen Isolierglas-Scheiben in Fenstern. Die Elektroindustrie nutzt es in Gasgemischen für Plasmabildschirme. Im italienischen Gran-Sasso-Labor lagert hochreines Xenon unter 1400 Metern Fels als Detektormaterial für die Suche nach dunkler Materie. Nuklearmediziner suchen mit Xenon-Isotopen nach Auffälligkeiten im Blut, in der Haut, in Geweben und Organen. Nicht nachweisbar ist es als Dopingmittel, die Inhalation regt die EPO-Produktion im Körper an und wurde 2014 verboten.

Herstellung: Xenon wird ausschließlich als Nebenprodukt durch das sogenannte Linde-Verfahren gewonnen. Bei der Stickstoff-Sauerstoff-Trennung aus Luft reichert es sich aufgrund der hohen Dichte im flüssigen Sauerstoff an. Für einen Kubikmeter des Edelgases werden zehn Millionen Kubikmeter Luft aufgearbeitet. Marktführer sind die großen Industriegase-Hersteller Linde AG (Umsatz 2015: 17,9 Milliarden Euro), Air Liquide (Umsatz 2015: 16,4 Milliarden Euro), die amerikanische Praxair (Umsatz 2015: 10,8 Milliarden US-Dollar) oder Taiyo Nippon Sanso (Umsatz 2015: 4,6 Milliarden Euro) aus Japan. Bis zu 20 Prozent der Weltmarktproduktion sollen von der ukrainischen Iceblick Ltd. mit Sitz in Odessa stammen. Auch das deutsche Familienunternehmen Messer Group GmbH (Umsatz 2015: 1 Milliarde Euro) behauptet sich unter den Großen.

Interessant: Xenon-Lampen eignen sich zur Sonnen- und Wettersimulation bei Werkstoffen (UV-Alterungstests), da ihr Strahlenspektrum dem der Sonne sehr ähnlich ist.

Ebenfalls interessant: Xenon weist eine sehr niedrige Schallgeschwindigkeit auf: Beim Einatmen wird die menschliche Stimme in den Bassbereich verschoben (den entgegengesetzen Effekt kennt man von Helium)

Mehr zu den Eigenschaften Xenon: www.seilnacht.com 

Mehr zur Verwendung von Xenon: www.chemie.de

Autor: Heike Marburger