Ziel erreicht: Bandawar Ali Ahmed ist seit Februar fest angestellter Chemikant. Foto: Sigwart
In der Messwarte: Ahmed fühlt sich im Kreis der Kollegen richtig wohl. Foto: Sigwart
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Integration - So hilft die Chemie-Branche Flüchtlingen
Rheinfelden. Bandawar Ali Ahmed strahlt übers ganze Gesicht. Der 24-jährige Iraker kontrolliert gerade die Anlagen in der Silan-Herstellung beim Spezialchemie-Konzern Evonik im badischen Rheinfelden. Vor acht Monaten hat er im Werk seine Ausbildung zum Chemikanten abgeschlossen und nun eine unbefristete Stelle: „Endlich habe ich eine Perspektive!“ Im Alter von zehn Jahren flüchtete Ahmed mit seiner Mutter vor dem Krieg aus Dohuk im Nordirak. „Wir waren zwei, drei Monate unterwegs, zu Fuß, mit dem Auto und dem Zug. Schlepper brachten uns versteckt über die Grenzen“, erzählt er. Die erste Zeit in Deutschland war sehr schwer: „Wir hatten ja alles verloren und konnten kein Wort Deutsch.“
Der junge Iraker zeigt, wie Integration gut funktionieren kann
So wie Ahmed damals erreichen derzeit Hunderttausende Flüchtlinge Deutschland. Von Januar bis September erfasste das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge allein 275.000 Asyl-Erstanträge – weit mehr als doppelt so viele wie im Vorjahreszeitraum. Die meisten dieser Menschen werden dauerhaft bleiben. „Deutschland steht vor seiner größten Bewährungsprobe seit Jahrzehnten – das gilt auch für die Wirtschaft“, sagt Evonik-Chef Klaus Engel. Die Talente von Flüchtlingen müsse man nutzen: „Vielfalt mobilisiert ökonomische, kreative und innovative Potenziale.“ Dass Integration erfolgreich funktionieren kann, zeigt Bandawar Ali Ahmed: „Er ist ein Paradebeispiel, fleißig, engagiert und motiviert“, bestätigt sein Ausbilder Thomas Pietrek und betont: „Mitarbeiter wie ihn brauchen wir.“ 1 Million Euro hat der Konzern als Soforthilfe für Hilfsprojekte bereitgestellt. Das Werk Rheinfelden unterstützt Deutschkurse und stattet Schulen aus, um Flüchtlinge fit für einen Job zu machen. Auch Sonderstipendien an der Ruhr-Universität in Bochum will man finanzieren. Andere Firmen sind ebenfalls engagiert. So fördert das Kölner Spezialchemie-Unternehmen Lanxess Hilfsprojekte mit 400.000 Euro. Arbeitgeber und Gewerkschaft wollen zudem mit Hochdruck Kapazitäten zur beruflichen Integration schaffen. Im Vordergrund stehen Praktika und spezielle Maßnahmen wie „Start in den Beruf“. Dafür stellt übrigens auch Evonik zusätzlich 15 Plätze bereit. Und beim Pharma-Konzern Bayer beginnen jetzt 20 Flüchtlinge im Chempark Leverkusen einen Aufbaukurs zur Berufsvorbereitung.
Neues Programm hilft beim Berufseinstieg
Der Chemie-Riese BASF in Ludwigshafen hat das Programm „Start Integration“ ins Leben gerufen. Es richtet sich an Flüchtlinge mit hoher Aussicht auf ein Bleiberecht, eine Altersgrenze gibt es nicht. 50 Plätze sieht der erste Schritt vor. Die Teilnehmer sollen etwa über eine Ausbildung auf dem Arbeitsmarkt der Region Fuß fassen. „Jeder Platz ist eine Chance“, sagt Margret Suckale, BASF-Vorstandsmitglied und Präsidentin des Bundesarbeitgeberverbands Chemie. Ahmed hat es geschafft. Dank der Ausbildung hat er eine Aufenthaltsgenehmigung – Deutschland ist sein Zuhause. Der Preis war hoch: „Zehn Jahre lebten wir im Asylheim, mit der Angst, abgeschoben zu werden.“ Deshalb hilft er nun anderen Flüchtlingen und hofft, dass sein Beispiel Mut macht.
Ziel erreicht: Bandawar Ali Ahmed ist seit Februar fest angestellter Chemikant. Foto: Sigwart
In der Messwarte: Ahmed fühlt sich im Kreis der Kollegen richtig wohl. Foto: Sigwart