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Girls’ Day 2021: Wie Nachwuchswerbung in Corona-Zeiten funktioniert

29.03.2021

Ludwigshafen. Bald ist es so weit: Beim bundesweiten Girls’ Day am 22. April dürfen Schülerinnen sich in Firmen und Institutionen umschauen. Es geht vor allem um Ausbildungen mit Mathe, IT, Naturwissenschaften oder Technik (kurz MINT). Wegen Corona läuft dieses Jahr aber alles anders ab, nämlich digital. Darüber sprach aktiv mit Industriekauffrau Lisa Deutsch (24). Sie arbeitet im Team des Ausbildungsmarketings beim Chemiekonzern BASF in Ludwigshafen und ist gemeinsam mit einer Kollegin für die Online-Auftritte der Ausbildung zuständig.

100 Schülerinnen dürfen die BASF digital besuchen – ist das eine Premiere?

Nein. Letztes Jahr, als uns Corona das erste Mal erwischt hat, wollten wir den Girls’ Day nicht ausfallen lassen. Und haben schnell eine digitale Lösung angeboten. Mit Blick auf die Pandemie war uns früh klar, dass die Veranstaltung auch dieses Jahr rein digital stattfinden wird. Das ist kein Neuland für uns: Wir haben bereits Elternabende online durchgeführt, digitale Berufe-Speeddatings oder Berufsorientierungs-Webinare mit Schulklassen. Jetzt wollen wir einen lebendigen Eindruck von den Ausbildungsplätzen und -berufen vermitteln.

Wie sieht das Programm genau aus?

Wir haben Videos in den Ausbildungsbereichen gedreht und zeigen die Werkstätten und Technika. Man bekommt einen super Eindruck, wie es bei uns aussieht. Unsere Azubis schildern ihre Eindrücke von der Arbeit, zum Beispiel angehende Chemikanten, Elektroniker für Automatisierungstechnik, Mechatroniker, Anlagenmechaniker oder Verfahrensmechaniker für Kunststoff und Kautschuk. Das machen längst nicht mehr nur die Männer! Eine Mitarbeiterin aus dem Bereich Technik stellt technisch-handwerkliche Berufe vor. Wir erklären, welche Chancen Frauen in MINT-Berufen haben. Und wie gut man in der Chemiebranche verdient.

Kann man da auch aktiv mitmachen?

Ja, klar! Während des gesamten virtuellen Girls’ Day können die Mädchen ihre Fragen in den Chat schreiben. Oder sie sprechen direkt ins Mikro – jede so, wie sie möchte. Wir starten in großer Runde und stellen BASF als Arbeitgeber und Ausbildungsunternehmen vor. Anschließend geht es um Bewerbung und Ausbildung, man kann in einen Eignungstest hineinschnuppern. Das Herzstück ist die Vorstellung der einzelnen Ausbildungsberufe mit den Berufevideos. Auch hier wird es interaktive Elemente geben wie eine Schnitzeljagd oder ein Quiz – dafür bilden wir kleinere Gruppen. Am Ende kommen alle Teilnehmerinnen wieder für den Abschluss zusammen.

Darf man einen Beruf auswählen?

Die Teilnehmerinnen sollen sich alle Berufe ansehen, eine Auswahl gibt es nicht. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass junge Mädchen noch nicht wissen, was die einzelnen Berufe bedeuten oder was sie später gerne machen möchten. Die eigenen Fähigkeiten, Interessen und Talente müssen noch entdeckt werden. Daher stellen wir die Ausbildungsberufe hintereinander vor.

Können sich noch mehr Teilnehmer anmelden, auch Jungs?

Wir fokussieren uns an diesem Tag auf die Mädchen ab der achten Klasse. Da uns der persönliche Kontakt wichtig ist, sind 100 Teilnehmerinnen die Obergrenze. Ihnen stellen wir „klassische Männerberufe“ vor. Jungs können bei diesem Tag leider nicht mitmachen. Denn typische Frauenberufe, die auch für Jungs interessant wären, gibt es in unserem Unternehmen eigentlich nicht.

Ein rein digitaler Tag hat vermutlich Vor- und Nachteile …

Der Vorteil ist: Online können alle mitmachen. Die Hürde, zu uns nach Ludwigshafen zu fahren, entfällt. Aber nicht vor Ort zu sein ist zugleich der Nachteil. Die digitale Plattform ersetzt nicht vollständig den persönlichen Austausch. Das Unternehmen und unser Ausbildungscampus sind nicht real erlebbar. Wir merken aber: Die „Generation Z“ wünscht sich diesen persönlichen Austausch.

Sie investieren viel Herzblut, Zeit und Geld. Lohnt sich der Aufwand?

Gerade in der aktuellen Zeit wollen wir diesen Weg gerne gehen. Wir sprechen Mädchen an und bieten ihnen die Möglichkeit zu einer Berufsorientierung, die aktuell kaum gegeben ist. Ob eine der Teilnehmerinnen später tatsächlich einen MINT-Beruf erlernt oder sich bei uns bewirbt, wissen wir nicht. Das verhindern schon die Datenschutzregeln. Zudem sind die Mädchen zum Teil noch sehr jung, sie absolvieren erst in vier, fünf Jahren eine Ausbildung. Aus persönlicher Erfahrung kann ich aber sagen, dass mir die Girls’ Days, an denen ich früher selbst teilgenommen habe, sehr positiv im Gedächtnis geblieben sind. Uns bei der BASF ist das den Aufwand auf jeden Fall wert.

 

Der Girls’ und Boys’ Day

  • Der Aktionstag gegen Rollenklischees im Beruf findet einmal im Jahr bundesweit statt. Dabei gewinnen Mädchen Einblicke in technische und handwerkliche Berufe etwa in der Industrie oder in der IT-Branche. Jungen erkunden Tätigkeiten in der sozialen Arbeit, im Gesundheitswesen, in der Pflege oder der Bildung.
  • 2001 startete das Pilotprojekt mit 39 Unternehmen und 1.800 Plätzen für Mädchen. Heute nehmen pro Jahr rund 100.000 Mädchen und Jungen sowie 10.500 Unternehmen teil.
  • Die Aktionstage wirken: Die Zahl der Girls’-Day-Teilnehmerinnen, die bei einer Befragung einen Wunschberuf aus dem MINT-Bereich nennen, stieg direkt nach dem Aktionstag um 6 Prozent an. Ein halbes Jahr später waren es immer noch 4 Prozent.
  • Den „Girls’ Day – Mädchen-Zukunftstag“ fördern das Bundesfamilienministerium und das Bundesministerium für Bildung und Forschung. Den „Boys’ Day – Jungen-Zukunftstag“ fördert nur das Bundesfamilienministerium.
  • Infos und freie Plätze unter: girls-day.de oder boys-day.de

Autor: Sabine Latorre