Aktiv

Forschung: Saubermachen in 3-D

24.05.2013

Weinheim. Putzen in 3-D Für Judith Haller eine Herausforderung: Die Chemikerin hat jetzt ein dreidimensionales Reinigungsvlies entwickelt.

In ihrem Büro steht ein buntes Probensortiment aus Filtern, Vliesen und Reinigungstüchern mit glatter, flauschiger, grober oder rauer Oberfläche. Als Projektleiterin arbeitet Haller für die Forschungsdienste des Weinheimer Mischkonzerns Freudenberg. Dort ist sie auf der Suche nach den besten Rohstoffen und Verarbeitungstechniken für Fasern und Vliese.

„Ein Vlies ist ein Gebilde aus Fasern und kann aus unterschiedlichen Schichten bestehen“, erklärt Haller. „Eine wasserabweisende Schicht auf einem Trägermaterial verhindert zum Beispiel, dass das Vlies durchweicht.“ Das 3-D-Vlies ähnelt bei genauerem Hinsehen einem Eierkarton im Miniaturformat.

Die Forscherin nimmt ein Stück in die Hand, drückt und knautscht es kräftig. Sobald sie es loslässt, springt es in seinen Urzustand zurück: Die Struktur ist sehr stabil und die Noppen lassen sich nicht verformen. Das Tuch behält seine Form, auch wenn es nass wird.

Der Vorteil der 3-D-Struktur ist die große Oberfläche. „So können mehr Teilchen aufgenommen werden – das ist für Reinigungstücher wichtig“, erklärt sie. Flüssigkeit wie Wasser kann der Stoff auf diesem Weg viel schneller aufsaugen.

Am Ende von Hallers Arbeit steht nicht immer ein Reinigungstuch. Sie entwickelt auch verbesserte Filter. In Projektteams mit bis zu zehn Mitarbeitern arbeitet Haller in der Abteilung „Fasern und Veredlung“ außerdem daran, Vliesstoffe umweltfreundlicher zu machen.

„Chemie ist keine Männerdomäne. Entscheidend ist die Kompetenz, nicht das Geschlecht“

Nachwachsende Rohstoffe sind zum Beispiel ein wichtiges Thema, mit dem sich die Forscher auseinandersetzen: „Wir untersuchen, wo man Naturfasern statt Kunstfasern einsetzen kann.“ Oder wie man in der Herstellung Energie sparen und  biologisch abbaubare Vliesstoffe herstellen könnte.

In ihrer Funktion als Senior Scientist reist Judith Haller rund um den Globus: Sie besucht Messen und Kongresse, schaut sich Labore und Fertigungen an, knüpft und pflegt Kontakte zu Universitäten, Forschungseinrichtungen und Wissenschaftlern.

„Ich muss auf dem Laufenden bleiben“, erklärt sie. Man könnte meinen, dass sie es als Frau in der Branche nicht leicht hat. Doch Haller widerspricht: „Die Chemie ist keine Männerdomäne.

Entscheidend ist die Kompetenz, nicht das Geschlecht.“ In ihrer Dissertation untersuchte die Forscherin, wie sich Autolacke in ozonhaltiger Luft verhalten.

„Das war ein ganz praktisches Thema, heute arbeite ich eher in der Grundlagenforschung“, ergänzt sie. Einen Ausgleich zu ihrer wissenschaftlichen Arbeit findet die Bruchsalerin im Sport: „Ich tanze leidenschaftlich gerne.“ Mit ihrem Mann geht sie jede Woche trainieren.

Andrea Veyhle

Autor: active2news