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Berufsgenossenschaft BG RCI: Wie sich die Chemie-Branche um ihre Mitarbeiter kümmert

14.10.2016

Heidelberg. Reagenzien mischen oder große Anlagen fahren – das sind spannende Aufgaben. Aber Vorsicht: Kein Spritzer darf danebengehen, kein Finger in die Maschine geraten. „Null Unfälle, das ist unser Ziel!“, sagt Harald Wellhäußer von der Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BG RCI).

„Vision Zero“ heißt die neue ehrgeizige Strategie für 1,2 Millionen Beschäftigte in bundesweit 33.000 Mitgliedsunternehmen. Ist das realistisch? Wellhäußer, stellvertretender Präventionsleiter, schaut überrascht: „Was wäre denn akzeptabel?“, fragt er provokant. „Fünf Tote und 20 Schwerverletzte? So geht das nicht!“

Für ihn ist der Auftrag der Berufsgenossenschaft klar definiert: „Wer gesund in den Betrieb geht, soll auch unversehrt wieder heimkehren.“ Vorbeugende Maßnahmen sollen helfen, dass „niemand bei der Arbeit getötet, so schwer verletzt wird oder erkrankt, dass er lebenslange Schäden davonträgt“, betont der Manager.

Im Mai haben die Chemie-Sozialpartner eine entsprechende Kooperationsvereinbarung unterzeichnet. Die Ziel-Etappen sind ehrgeizig: Das Arbeitsunfallrisiko bis 2024 um 30 Prozent verringern, die Zahl tödlicher Arbeitsunfälle sowie neuer Unfallrenten jeweils um 50 Prozent senken und die Zahl unfallfreier Betriebe steigern. „Das wird nicht leicht“, räumt Wellhäußer ein. Denn im Betrieb lauern überall Gefahren: „Jede Maschine, jede Leiter, Chemikalien – alles ist ein Risiko. Aber dass tatsächlich etwas passiert, das wollen wir unbedingt vermeiden.“

Unterstützung, selbst wenn der Betrieb nicht mehr existiert

Deshalb gibt es vermehrt Analysen von Unfallschwerpunkten, eine besondere Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen, eine gezielte Aus- und Weiterbildung der betroffenen Personen und eine intensivere persönliche Beratung in den Betrieben. „Im Grunde verstärken wir das, was wir schon immer tun“, erklärt Klaus Münch, der die Abteilung Rehabilitation und Leistungen leitet. Seit vielen Jahren ist der Verwaltungsexperte bei der Berufsgenossenschaft und sieht die Erfolge: „Vor 20 Jahren geschahen etwa doppelt so viele Unfälle wie heute.“

Auf die Gesundheit achten, Risiken vermeiden, beides ist Münch und Wellhäußer auch privat in Fleisch und Blut übergegangen. „Ich nehme die Treppe zum Büro im sechsten Stock, das hält fit“, sagt Münch. Wellhäußer berichtet: „Die Hecke zu Hause schneide ich nur mit Sicherheitsbrille und -schuhen!“ Was zählt, sei die „innere Haltung“. Klar, eine peppige Ausrüstung komme im Betrieb besser an als graue Brillen oder klobige Treter. Auch einen Gehörschutz, der gut sitzt, würde niemand ablegen: Man tut es für sich selber, nicht für den Chef.

Übrigens: Die Unternehmer stemmen die Kosten für den Unfallschutz alleine. Dafür ersetzen ihnen die Berufsgenossenschaften die privatrechtliche Haftung, etwa bei Arbeits- oder Wegeunfällen sowie Berufskrankheiten (Haftungsablösung). Das heißt, niemand kann – wie im Ausland – den Chef oder einen Kollegen verklagen. Und: Die Unfallversicherung zahlt selbst dann, wenn eine Firma nicht mehr existiert.

Das macht die BG RCI

  • Die gewerbliche Berufsgenossenschaft hat den gesetzlichen Auftrag, Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten und arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren zu verhüten. Hauptsitz ist Heidelberg.
  • Sie unterstützt rund 33.000 Mitgliedsbetriebe aus den Branchen Chemie, Baustoffe, Steine, Erden, Bergbau, Leder, Papier und Zucker und ist an 14 Standorten in Deutschland vertreten.
  • Sie kümmert sich um den Arbeitsschutz, die Schulungen der Versicherten, erforscht Unfallursachen und prüft technische Arbeitsmittel.
  • Hat jemand einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit, werden die Versicherten von der medizinischen Behandlung bis hin zur beruflichen und sozialen Rehabilitation und finanziellen Entschädigung betreut.

Autor: Sabine Latorre