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Demografie: Wenn Eltern Hilfe brauchen

04.04.2013

Schwäbisch Gmünd. „Als ich klein war, hat sich mein Papa um mich gekümmert, Windeln wechseln und alles, was dazugehört“, erzählt Simone Roos, Software-Expertin beim Naturkosmetik- und Pharmahersteller Weleda in Schwäbisch Gmünd. „Heute mache ich dasselbe für ihn.“ In ihrer Stimme schwingt Liebe mit. Eltern, die Hilfe brauchen – das beschäftigt viele Arbeitnehmer. Die Chemie-Industrie steht ihnen zur Seite.

Wie bei Simone Roos: Ihr 72-jähriger Vater hat seit seinem 18. Lebensjahr Multiple Sklerose, eine chronische Erkrankung der Nerven. „Er kann nichts mehr selber machen“, erzählt sie, ,,wir müssen ihn umbetten, waschen, anziehen, füttern.“ Das kostet Zeit.

Ein Mittagessen für die Angehörigen zum Mitnehmen

Roos: „Mein Chef schenkt mir Vertrauen und Flexibilität.“ Deshalb arbeitet sie auch mal abends oder am Sonntag. „Ich mache es vom Herzen gerne“, sagt sie. „Wird die Pflege zur Belastung, muss man etwas ändern.“ Solche Ratschläge gibt sie auch Kollegen. Roos ist Mitgründerin des Firmen-Programms „We care – Beruf und Betreuung vereinbaren“. „Werden Eltern zum Pflegefall, ist das ein Schock“, sagt sie.

„Man hat Existenzängste, denn Pflege ist teuer. Wir erklären, wo es Unterstützung von Staat und Krankenkasse gibt.“

Die Leiterin des  Kompetenzteams Personal, Isabella Heidinger, bekräftigt: „Vereinbarkeit von Kindern und Beruf ist heute schon eine Selbstverständlichkeit. Das wollen wir bei der Angehörigenbetreuung auch erreichen.“

Weleda bietet deshalb neben Ansprechpartnern und Mentoren auch flexible Arbeitszeiten, Auszeiten (Sabbaticals), Telearbeit und Jahresarbeitszeitkonten an. Dank dieser Unterstützung sollen die Kollegen „leistungsfähig bleiben und gleichzeitig ihrer Verantwortung zu Hause nachkommen können“, so Heidinger.

Weitere Beispiele: Der Reifenhersteller Michelin in Karlsruhe hilft mit Beratung und Freistellungen. Die Mitarbeiter wurden befragt, das Angebot entsprechend ausgebaut.

Mit einem Familienservice kooperiert der Kosmetik-Spezialist L’Oréal in Deutschland: Der Dienstleister berät und hilft bei der Suche nach Pflegeeinrichtungen. Es gibt zudem „flexible temporäre Teilzeitlösungen“, zwei Mitarbeiter in Karlsruhe haben davon schon Gebrauch gemacht.

Beim Schmierstoff-Hersteller Fuchs Petrolub in Mannheim gibt es flexible Arbeitszeiten, kostenlose Angebote der Familiengenossenschaft und Beratungen.

Von daheim aus zu arbeiten, bietet Pharma-Konzern Boehringer Ingelheim in Biberach an. Beim Klebstreifen-Spezialisten Tesa in Offenburg setzt man auf Vertrauensarbeitszeit. Für Mitarbeiter und ihre Angehörigen gibt es auch ein Mittagessen zum Mitnehmen, falls sie aus zeitlichen oder gesundheitlichen Gründen nicht selber kochen können.

Andrea Veyhle

Autor: active2news