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Fast so sauber wie im OP: Staub ist beim Kunststoffverarbeiter Frank Plastic tabu

09.04.2015
Waldachtal. Er ist überall, nur nicht im Reinraum beim Kunststoffverarbeiter Frank Plastic in Waldachtal: feinster Staub. „Wir stellen zum Beispiel Teile für Herz-Lungen-Maschinen her“, erklärt Vorstand Dr. Ralf Kollmann. „Daran sollten möglichst keine Partikel haften.“

Experten sprechen übrigens nicht von Staub, sondern von Partikeln, die kleiner als 0,5 Mikrometer sind – ein menschliches Haar ist ungefähr 100-mal so dick. „Ein Kubikmeter Luft in unserem Reinraum enthält maximal dreieinhalb Millionen dieser Partikel“, so Kollmann. Zum Vergleich: Ein Kubikmeter Stadtluft kommt auf bis zu 35 Millionen Partikel.

In dem hell ausgeleuchteten Reinraum stehen auf 2.000 Quadratmetern 40 Spritzgießmaschinen. Hier werden verschiedene Kunststoffteile produziert wie Rohre für Dialysefilter. Darin wird das Blut von Dialysepatienten gewaschen. Kollmann: „Wären sie verunreinigt, würden die Partikel in den Körper des Patienten gelangen.“ Deshalb ist es im Reinraum fast so sauber wie in einem Operationssaal.

Damit das so bleibt, müssen die Mitarbeiter Schutzkleidung, Schuhe mit abriebfester Sohle und gegebenenfalls einen Bartschutz tragen. Denn ein Mensch in Bewegung verliert pro Minute bis zu 30 Millionen Partikel wie Hautschuppen, Haare oder Schweißtröpfchen.

Penible Sauberkeit brauchen zum Beispiel auch spezielle Druck- und Regelventile, die im Anlagenbau den Transport bestimmter Mengen an Flüssigkeit regeln. Sie kommen etwa in der Chip-Produktion zum Einsatz, wo man mit hochreinem Wasser arbeitet.

„Elektronische Bauteile werden immer kleiner, man arbeitet im Nano-Bereich“, erläutert der Chef. „Da dürfen über das Wasser, das zur Produktion nötig ist, keine Fremdkörper eingeschwemmt werden!“ Rund 2.000 Tonnen Kunststoffgranulat bringen die 250 Mitarbeiter pro Jahr in Form – sowohl im Reinraum als auch in der normalen Produktion.

Gut die Hälfte der Produkte geht in die Medizintechnik, 20 Prozent in die Mess- und Regeltechnik, 10 Prozent in die Automobil-Industrie. Der Rest verteilt sich auf die Elektro- und die Möbel-Industrie.

Und wie entstehen die einzelnen Bauteile? Der Vorgang ist im Grunde immer ähnlich: Das Granulat wird erhitzt und erhält in selbst gebauten Metallformen, sogenannten Werkzeugen, seine neue Gestalt. Das klingt einfach, ist aber kniffelig. Denn sehr komplizierte Formen erfordern unterschiedliche Temperaturen im Werkzeug: „Dazu kühlen wir einzelne Werkzeugbereiche mit flüssigem Kohlenstoffdioxid“, so Kollmann.
Vom Zahnimplantat bis zur Eckfahnen-Stange

Entscheidend ist auch die Wahl des Kunststoffs: „Je nach Einsatzort muss er resistent gegenüber Säuren oder Laugen sein“, erklärt Egbert Hirth, Teamleiter in der Produktion. Gefertigt wird im Kunden-auftrag alles von Haltern für Zahnimplantate über Sperrhähne für medizinische Infusionen, Durchflussmesser, Teile für Autositze und Dachrelings bis hin zu Eckfahnen-Stangen, etwa für die Fußball-WM 2006.